Wahlrechtsreform in Deutschland droht jetzt Verfassungsklage
Der deutsche Bundesrat hat eine umstrittene Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Parlaments passieren lassen. In der Länderkammer gab es am Freitag in Berlin keine Mehrheit für den Antrag Bayerns, den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Das Wichtigste in Kürze
- Damit kann das Vorhaben zwar in Kraft treten.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte aber eine Klage seines Bundeslandes vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe dagegen an.
Das Vorhaben sei politisch falsch, verfassungswidrig und spalte Deutschland. «Ganze Regionen werden benachteiligt und ausgegrenzt», sagte Söder im Bundesrat. Kritik kam auch von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Er nannte das Gesetz «schlecht» und «falsch». Es schade der parlamentarischen und generell der Demokratie.
Mit der Reform soll die Zahl der Abgeordneten im momentan auf 736 Abgeordnete angewachsenen Bundestag auf 630 begrenzt werden. Erreicht werden soll das durch die Abschaffung der sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate und der sogenannten Grundmandatsklausel.
Der Bundestag, das nationale Parlament, wird in Deutschland mit einem komplizierten Mischsystem aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht gewählt. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über Erststimmen mehr Direktmandate gewinnt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis proportional zustehen.
Um das proportionale Kräfteverhältnis der Parteien wiederherzustellen, wurden diese Überhänge bisher mit Ausgleichsmandaten aufgefüllt. Das hat den Bundestag immer grösser gemacht. Das liegt auch an der Zersplitterung des Parteiensystems, als dessen Folge keine Partei mehr über 40 Prozent der Stimmen erreicht.
Kommt es künftig dazu, dass eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, soll laut Wahlrechtsreform bei den Direktkandidaten von hinten weggekürzt werden: Diejenigen mit dem schwächsten Ergebnis bekommen keinen Sitz im Bundestag mehr. Damit entfiele anschliessend das Auffüllen mit Ausgleichsmandaten, um das Kräfteverhältnis wieder herzustellen.
Abgeschafft werden soll ausserdem die sogenannte Grundmandatsklausel. Die ermöglicht es bisher Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzuziehen, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde landen, aber mindestens drei Direktmandate gewinnen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei. Die CSU kam 2021 auf 5,2 Prozent, gewann aber fast alle Direktmandate in Bayern. CSU und CDU bilden im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft.
Der Bundestag hatte die Reform Mitte März mit den Stimmen von SPD, FDP und Grünen unter scharfem Protest von Union und Linken beschlossen.