Angesichts immer komplexerer Bedrohungen wollen die Nato-Verteidigungsminister die Abwehrfähigkeit der Allianz stärken.
Jens Stoltenberg in Brüssel
Jens Stoltenberg in Brüssel - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Kramp-Karrenbauer für härtere Gangart gegenüber Russland.

Die Minister hätten neue Zielvorgaben zur Bündnisverteidigung befürwortet, «um sicherzustellen, dass wir weiterhin die richtigen Kräfte zur richtigen Zeit am richtigen Ort haben», sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einer Pressekonferenz am Donnerstagabend in Brüssel. Mit Debatten zum Nato-EU-Verhältnis werden die Beratungen am Freitag fortgesetzt. Beobachter rechnen mit schwierigen Gesprächen.

«Wir nehmen eine gewaltige Anpassung an eine immer komplexere und kompetitivere Welt vor», sagte Stoltenberg. Seinen Angaben zufolge vereinbarten die Minister auch neue nationale Ziele zu militärischen Fähigkeiten. Zudem billigten sie einen milliardenschweren Innovationsfonds, um junge Unternehmen bei der Entwicklung moderner Technologien zu unterstützen.

Die Bemühungen um eine Modernisierung der Nato erfolgen vor dem Hintergrund extremer Spannungen mit Russland sowie dem politischen und militärischen Aufstieg Chinas. Bereits nach der russischen Annexion der Krim 2014 hatte die Nato mit einer massiven Aufstockung ihrer Verteidigungskapazitäten in Europa begonnen.

Die Allianz müsse sich «den Bedrohungen Russlands gegenüber klar aufstellen», hatte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kurz vor Beginn der Beratungen im Deutschlandfunk betont. Sie verwies auf russische «Verletzungen des Luftraums über den baltischen Staaten» und «zunehmende Übergriffigkeiten rund um das Schwarze Meer».

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte vor dem Nato-Treffen die Schwarzmeerregion besucht und Georgien und der Ukraine Unterstützung gegen «russische Aggression» zugesagt.

Zentrales Thema des zweitägigen Minister-Treffens sind auch die «Lehren» aus dem Afghanistan-Debakel. Der chaotische Abzug aus dem Land nach 20 Jahren Einsatz hatte für Spannungen zwischen den europäischen Bündnispartnern und den USA gesorgt. Mehrere europäische Bündnispartner kritisierten offen die Weigerung der USA, den gemeinsamen Abzug aus Afghanistan zu verschieben.

Stoltenberg mahnte trotz der erheblichen Meinungsverschiedenheiten Geschlossenheit ein. «Die Krise in Afghanistan ändert nichts daran, dass Europa und Nordamerika in der Nato vereint sein müssen», sagte er. «Angesichts der wachsenden globalen Herausforderungen sind es unsere Einigkeit und unsere Stärke, die unsere Sicherheit gewährleisten.»

Seit dem Ende des Abzugs aus Afghanistan werden die Stimmen in der EU immer lauter, die eine Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten fordern. Vor allem Frankreich pocht auf mehr europäische «Autonomie». Dies ist aber auch innerhalb der europäischen Nato-Mitglieder umstritten. Vor allem in Osteuropa sehen viele Regierungen in den USA die entscheidende Schutzmacht gegenüber Russland.

Zu den Gesprächen am Freitag, in deren Mittelpunkt das Verhältnis der Nato zur EU stehen sollte, wurde auch der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell erwartet. Stoltenberg sagte, er befürworte die «Bemühungen der EU im Verteidigungsbereich, wenn es beispielsweise um die Erhöhung der Kampfbereitschaft oder die Bereitstellung neuer militärischer Fähigkeiten geht». Zugleich warnte der Generalsekretär vor einer Abzweigung militärischer Ressourcen von der Nato zur EU. «Wir sollten keinen Wettbewerb haben, sondern sicherstellen, dass das, was die EU tut, die Bemühungen der Nato ergänzt.»

Kramp-Karrenbauer plädierte am Donnerstag für eine Stärkung der militärischen Fähigkeiten der europäischen Nato-Länder. Bei der Evakuierungsmission in Kabul im August hätten die Europäer festgestellt, dass sie ohne die USA «nicht so handlungsfähig sind, wie wir uns das alle selbst wünschen», sagte sie im Deutschlandfunk.

In Brüssel betonte Kramp-Karrenbauer, ein gemeinsam von Deutschland, Portugal, Slowenien, Finnland und den Niederlanden vorgelegtes Papier mit Vorschlägen zur Verbesserung von Strukturen und Prozessen sei auf ein positives Echo gestossen. Um eine europäische Konkurrenz zur Nato gehe es dabei aber nicht.

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