USA und Russland verhandeln in Wien über letzten atomaren Abrüstungsvertrag
Unter schwierigen Vorzeichen haben die USA und Russland am Montag in Wien Verhandlungen zur Fortsetzung ihres letzten grossen atomaren Abrüstungsvertrags aufgenommen.

Das Wichtigste in Kürze
- Hofreiter: Verhandler müssen «letzten Rüstungskontrollvertrag erhalten».
Das Abkommen «New Start» läuft im Februar kommenden Jahres aus. Viele Experten erwarten ein Scheitern der Wiener Gespräche. Die USA beharrten zuletzt auf einer Beteiligung Chinas an den Gesprächen. Dies lehnt China jedoch ab.
Im «New Start»-Abkommen verpflichteten sich Russland und die USA im Jahr 2010, die Zahl ihrer Atomsprengköpfe auf maximal 1550 zu reduzieren - etwa 30 Prozent weniger als im Vorgängervertrag «Sort» aus dem Jahr 2002.
Alternativ zu einem neuen Vertrag könnten die USA und Russland das Abkommen um bis zu fünf Jahre verlängern. Das hatte der russische Delegationsleiter, Vize-Aussenminister Sergej Riabkow, vor dem Start der Verhandlungen vorgeschlagen, um so «mehr Zeit» für weitere Verhandlungen zu gewinnen.
Bei ihrer Ankunft im Palais Niederösterreich in Wien äusserte sich am Montagmorgen keine der Delegationen zu den Verhandlungen.
Wenn die Verhandlungen scheitern, wäre es bereits das dritte wichtige Abrüstungsabkommen mit Russland, aus dem sich die USA unter Präsident Donald Trump zurückziehen. Im vergangenen Jahr kündigten die USA den INF-Vertrag über die nukleare Abrüstung im Mittelstreckenbereich auf. Im Mai dieses Jahres kündigte Washington auch den Ausstieg aus dem «Open-Skies»-Abkommen mit Russland an, das beiden Seiten Beobachtungsflüge im Luftraum des anderen ermöglicht.
Der Experte Daryll Kimball vom US-Politikinstitut Arms Control Association sieht im Beharren Washingtons auf einer chinesischen Teilnahme an einem möglichen Folgeabkommen für «New Start» ein taktisches Manöver. Die Trump-Regierung sei offenbar nicht willens, «New Start» zu verlängern und wolle «Chinas Desinteresse an trilateralen Abrüstungsgesprächen als zynischen Vorwand» nutzen, um ein Ende des Abkommens herbeizuführen, sagte Kimball.
Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri besitzt Russland derzeit 6375 Atomsprengköpfe - einschliesslich der nicht einsatzbereiten. Die USA kommen demnach auf 5800 Atomsprengköpfe. China folgt mit 320 Atomsprengköpfen mit grossem Abstand an dritter Stelle.
Die chinesische Regierung kündigte stattdessen am Montag an, einem anderen internationalen Waffenkontroll-Abkommen beizutreten, das die US-Regierung ebenfalls vergangenes Jahr aufgekündigt hatte. Peking teilte mit, dem UN-Vertrag über den Waffenhandel (ATT) beizutreten. Die Vereinbarung von 2014 hatte erstmals internationale Standards für den Handel mit konventionellen Waffen geschaffen.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter begrüsste trotz der schlechten Vorzeichen die Abrüstungsgespräche in Wien. «In jüngster Zeit sind schon zu viele Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge gekündigt worden, die auch Europas und damit Deutschlands Sicherheit betreffen», sagte Hofreiter der Nachrichtenagentur AFP. Er sprach sich dafür aus, den Vertrag zumindest um weitere fünf Jahre zu verlängern.
Wünschenswert sei allerdings darüber hinaus eine Erweiterung des Vertrags, sagte Hofreiter. «Es wäre wünschenswert, wenn die beiden grössten Atommächte, die weltweit im Besitz von 90 Prozent aller Atomwaffen sind, wenigstens den letzten verbliebenen Rüstungskontrollvertrag erhalten», forderte Hofreiter.