Unionsfraktionschef Brinkhaus drängt bei Wahlrechtsreform auf Kompromiss

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Deutschland,

Im seit Monaten andauernden Streit über die Wahlrechtsreform drängt Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) auf einen Kompromiss.

Blick in das Bundestagsplenum
Blick in das Bundestagsplenum - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Vorschlag sieht Deckelung der Mandate im Bundestag auf 750 vor.

Der Vorschlag von Brinkhaus sieht eine Deckelung des Bundestags auf maximal 750 Abgeordnete vor, wie aus den der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Plänen des Unionsfraktionschefs hervorgeht. Während aus der SPD grundsätzlich zustimmende Signale kamen, kritisierte die CSU die Pläne als verfassungswidrig.

Zunächst hatte am Samstag das ARD-Hauptstadtstudio über die Pläne berichtet. Zwischen den Parteien herrscht zwar Einigkeit, dass ein weiteres Anschwellen des mit derzeit 709 Abgeordneten weit über der Regelgrösse von 598 Abgeordneten liegenden Bundestags verhindert werden soll. Die Lösung des Problems ist aber äusserst umstritten. Ändert sich nichts, könnten in der nächsten Legislaturperiode Prognosen zufolge sogar über 800 oder im Extremfall sogar 900 Abgeordnete im Bundestag sitzen.

Die wachsende Zahl kommt durch die Überhangmandate zustande, die Parteien bekommen, wenn sie mehr Direktmandate erringen - und durch Ausgleichsmandate, die im Gegenzug die anderen Parteien bekommen.

Die Pläne von Brinkhaus sehen nun vor, dass die über der Grenze von 750 liegenden Mandate für die kommende Bundestagswahl gekappt werden - im Wechsel jeweils ein ausgleichsloses Überhangmandat und ein nichtzugeteiltes Direktmandat. Das würde vor allem Direktmandate aus Wahlkreisen betreffen, die prozentual die wenigsten Erststimmen erhalten haben.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, erklärte, es sei «gut, wenn nun auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Reform bereit ist». Allerdings solle die Obergrenze, ab der Mandate nicht mehr zugeteilt werden, nicht über der derzeitigen Bundestagsgrösse liegen, forderte er.

Ein solcher «Notfallmechanismus» für die nächste Bundestagswahl im Jahr 2021, der mit kleinen rechtlichen Änderungen auskomme, könne nach einer politischen Einigung in der kommenden Woche auch noch Anfang September gesetzlich verankert werden, fügte Schneider hinzu. Für eine dauerhafte Reform schlägt die SPD nach seinen Angaben die Einsetzung einer Kommission unter Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Bürgerinnen und Bürgern vor.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, kritisierte die Brinkhaus-Pläne als «mit uns nicht abgesprochen». Zwar entspreche eine Wahlrechtsreform für die Bundestagswahl 2025 den Ideen der CSU. «Einen Vorschlag allerdings, der Gewinnern von Wahlkreisen den Einzug in den Deutschen Bundestag verweigert, halten wir für verfassungswidrig.»

Der Verfassungsrechtler und ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht, Udo di Fabio, sieht die Brinkhaus-Pläne nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung (Montagsausgabe) ebenfalls als verfassungswidrig an. In einem Gutachten schreibt di Fabio demnach, dass der Vorschlag nicht nur einen Verstoss gegen die Systementscheidung für ein personalisiertes Verhältniswahlrecht darstelle, sondern auch gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl, der Unmittelbarkeit der Wahl und das Demokratieprinzip.

In der CDU heisst es allerdings, dass die Nichtzuteilung von Direktmandaten zwar verfassungsrechtlich strittig sei. Da es ein Notfallmechanismus sei, der nur übergangsweise gelten soll, sei das Modell aber haltbar.

Die stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzende Silvia Breher betonte, es sei klar, dass es sich bei dem Vorstoss von Brinkhaus um eine «einmalige Lösung für die Bundestagswahl 2021» handele. «2025, also nach der Reform, müssen dann natürlich alle Direktmandate auch wieder zugeteilt werden, das halte ich für sehr wichtig», erklärte sie. «Wir werden am Dienstag in der Fraktion über diesen Vorstoss diskutieren.»

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