Tunesiens Parlament stimmt unter Polizeischutz über neues Kabinett ab
Von Protesten überschattet stimmt das tunesische Parlament am Dienstag über ein neues Kabinett von Regierungschef Hichem Mechichi ab. Mehrere Abgeordnete kritisierten die hohe Polizeipräsenz rund um das Parlamentsgebäude: «Eine Vertrauensabstimmung unter Polizeibelagerung», beschrieb ein Abgeordneter die Situation.

Das Wichtigste in Kürze
- Kritik von Demonstranten und Präsident Saied.
Etwa tausend Demonstranten protestierten nach dem Aufruf von Aktivisten und zivilgesellschaftlichen Organisationen unweit des Parlaments gegen Polizeigewalt.
In der vergangenen Woche war es wiederholt zu nächtlichen Ausschreitungen zwischen jungen Demonstranten und der Polizei gekommen. Am Montag starb ein junger Mann, der vergangene Woche von einer Tränengas-Granate getroffen worden war, an seinen Verletzungen. Daraufhin kam es in der Stadt Sbeitla erneut zu Zusammenstössen.
Zehn Jahre nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Zine El Abidine Ben Ali richten sich die Proteste in dem nordafrikanischen Land gegen Polizeirepression, Korruption und Armut. Mitte Januar kündigte Regierungschef Mechichi den Austausch von elf Ministern an. Zuvor hatte er Innenminister Taoufik Charfeddine entlassen. Bereits im Dezember war Umweltminister Mustapha Aroui wegen eines Skandals um Müll-Lieferungen aus Italien verhaftet worden.
Kritik an dem neuen Kabinett kommt auch von Tunesiens Präsident Kais Saied. Für die Ministerposten in der neuen Regierung seien keine Frauen vorgesehen, dafür sei ein Minister «in einen Korruptionsfall verwickelt» und drei weitere hätten mutmasslich Interessenskonflikte.