Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei der UN-Generaldebatte eindringlich für Multilateralismus geworben und der Weltgemeinschaft versichert, dass Deutschland auch nach der Bundestagswahl international verlässlich bleiben werde.
Bundespräsident Steinmeier
Bundespräsident Steinmeier - POOL/AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bundespräsident wirbt für internationale Zusammenarbeit und mehr Realismus.

«Deutschland bleibt auch nach dieser Wahl ein Land, das um seine internationale Verantwortung weiss und sie wahrnimmt», sagte Steinmeier am Freitag vor der UN-Vollversammlung in New York. «Unsere Partner können sich auf uns verlassen, und unsere Wettbewerber müssen weiter mit uns rechnen.»

Steinmeier hob in seiner Rede die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit hervor. «Der Weg in eine friedlichere Zukunft, die Lösung der grossen, offenen Menschheitsfragen wird noch weit, weit mehr Zusammenarbeit in der internationalen Staatengemeinschaft erfordern.»

Der Bundespräsident verwies unter anderem auf die Corona-Pandemie und die Erderwärmung. «Noch nie haben wir unsere gegenseitige Abhängigkeit, unser Aufeinander-angewiesen-Sein so existenziell erfahren wie in den fast zwei Jahren der Covid-19-Pandemie.» Der Bundespräsident mahnte dabei, die Bilanz der weltweiten Impfstoffverteilung sei «bestenfalls gemischt».

Im Kampf gegen den Klimawandel warnte Steinmeier vor einem «Rückfall in nationale Egoismen». Mit Blick auf die anstehende COP26-Klimakonferenz im schottischen Glasgow forderte er «starke gemeinsame Entschlüsse». «Die Lücke zwischen unseren anspruchsvollen Zielen und unserer konkreten Politik, die ist noch viel zu gross.»

In seiner Rede rief Steinmeier auch dazu auf, nach der Rückkehr der radikalislamischen Taliban an die Macht die Lehren aus dem «Scheitern» des Westens in Afghanistan zu ziehen. «Ich bin überzeugt: Resignation wäre die falsche Lehre.» Vielmehr gelte für die Aussenpolitik dreierlei: «Wir müssen ehrlicher, klüger, aber auch stärker werden.»

Steinmeier forderte mehr Realismus «in der Definition und Priorisierung unserer Ziele und Interessen». Zweitens müssten die Staaten «klüger sein in der Wahl unserer Instrumente und Schwerpunkte». Klugheit bedeute auch, «weniger Sendungsbewusstsein, sondern mehr Offenheit in der Suche nach Lösungswegen und Schnittmengen - auch mit denen, die anders sind als wir», betonte Steinmeier.

Drittens sei zwar militärische Stärke wichtig, aber auch eine Stärkung der Diplomatie: «Wir brauchen Verhandlungsstärke ebenso wie Verteidigungsstärke», sagte der Bundespräsident.

Steinmeier appellierte auch an die Europäer, mehr für ihre gemeinsame Verteidigung zu tun. «Wir brauchen eine starke gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik in Europa.» Europa und Deutschland müssten mehr «für unsere eigene Sicherheit» unternehmen, aber auch «für Frieden und Stabilität in unserer Nachbarschaft und weltweit». In diesem Sinne müssten multilaterale Bemühungen in Libyen, der Ostukraine und im Iran fortgesetzt werden.

Angesichts des U-Boot-Streits zwischen Frankreich und den USA mahnte Steinmeier zudem, dass für eine «starke, regelbasierte Friedensordnung» eine «starke transatlantische Partnerschaft» nötig sei. «Kein kurzfristiger Vorteil ist es wert, dass unsere transatlantische Geschlossenheit Risse bekommt. Darauf sollten wir miteinander achtgeben.»

Der Streit um U-Boot-Geschäfte mit Australien hatte einen tiefen Keil zwischen die Regierungen in Washington und Paris getrieben. Zuletzt näherten sich beide Seiten aber wieder an.

Steinmeier hielt in diesem Jahr für Deutschland die Rede bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung. Das diplomatische Spitzentreffen hatte am Dienstag begonnen und läuft noch bis einschliesslich Montag.

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