Schäfer-Gümbel kritisiert Wortmeldungen von Ex-Parteichef Gabriel
Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel strapaziert mit seinen regelmässigen Wortmeldungen zur Lage der Partei die Nerven der gegenwärtigen SPD-Führung: «Wir sollten uns auf unsere Politik konzentrieren, nicht taktisch, sondern mit Haltung», sagte dazu SPD-Übergangschef Thorsten Schäfer-Gümbel.

Das Wichtigste in Kürze
- Nicht von «Zwischenrufen von der Seitenlinie» ablenken lassen.
Unterdessen gab es erneut Stimmen aus der SPD für einen Ausstieg aus der grossen Koalition.
«Die Zwischenrufe von der Seitenlinie sollten uns dabei nicht ablenken oder irritieren», sagte Schäfer-Gümbel der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten» vom Mittwoch. Auf die Frage, ob sich dies auf Gabriel beziehe, antwortete der kommissarische Parteichef mit einem Verweis auf das Verhaltenen anderer Ex-Parteichefs: «Ich freue mich einfach darüber, dass Hans-Jochen-Vogel, Björn Engholm, Matthias Platzeck, Kurt Beck, Franz Müntefering, Andrea Nahles und Gerhard Schröder, wenn sie etwas haben, einfach anrufen und versuchen, zu helfen», sagte Schäfer-Gümbel.
Gabriel hatte kürzlich kritisiert, die SPD sei linker als die Linkspartei und ökologischer als die Grünen geworden. Der aktuellen Parteiführung warf er vor, auf einem völlig falschen Kurs zu sein.
Der langjährige Vorsitzende unterstützte zudem die Parteiinitiative «SPDpur», die einen Linksschwenk der SPD verhindern will. Auf Kritik stiessen auch relativierende Äusserungen von Gabriel zu den verbalen Entgleisungen von Schalke-Aufsichtsratschef Clemens Tönnies über das angebliche Zeugungsverhalten von Menschen in Afrika.
«Für mich bedeutet SPD pur, dass die gewinnen, die auf das Gemeinsame ausgerichtet sind und nicht auf den eigenen Vorteil», sagte Schäfer-Gümbel. «Das gilt auch für die eigene Partei.»
Parteivize Ralf Stegner liess unterdessen weiter offen, ob er in das laufende Bewerbungsverfahren für den SPD-Parteivorsitz einsteigen möchte. «Eier sollte man ausbrüten, wenn sie gelegt sind» sagte er der «Passauer Neuen Presse» vom Mittwoch. Mit Blick auf die Zurückhaltung anderer SPD-Spitzenpolitiker fügte Stegner hinzu: «Ich halte nichts davon, dass jeder nur erklärt, dass er nicht kandidiert.»
Kritik an dem langwierigen Auswahlverfahren wies der SPD-Vize zurück. Das dabei angewandte neue Modell sei «eine grosse Chance, für die SPD und für unser Land», sagte er der «PNP». Auf den ab September geplanten Regionalkonferenzen würde «Vieles an guten Ideen zu hören sein».
Einen Ausstieg der SPD aus der Koalition mit der Union forderte die frühere Bundesfamilienministerin Renate Schmidt. Bei einer Mitgliederbefragung würde sie nicht erneut für die «GroKo» stimmen, sagte die bayerische SPD-Politikerin dem «Zeit-Magazin». Sie sehe die grossen Projekte nicht, die Partei habe den Kompromiss zu sehr verinnerlicht. «Ein bisschen mehr Radikalität täte meiner guten alten SPD gut», mahnte Schmidt.
Ebenfalls für eine Abkehr von dem Regierungsbündnis im Bund warb der SPD-Politiker und Oberbürgermeister von Karlsruhe, Frank Mentrup. «Die Groko bildet nicht mehr die Erwartungen und Wünsche der Mehrheit der Bevölkerung ab», sagte er dem «Badischen Tagblatt» vom Mittwoch. Besser sollten die Grünen die Verantwortung übernehmen und dabei «herausfinden, wie das, was gefordert wird und das, was machbar ist, in Balance gebracht werden kann». Die SPD würde dann zugleich «den Ballast einer verbrauchten Politik- und Regierungskultur abwerfen können».