Spahn will Daten von Krankenversicherten der Forschung zur Verfügung stellen

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Deutschland,

Die Gesundheitsdaten der 73 Millionen gesetzlich Versicherten sollen künftig ohne ihr Einverständnis für die Forschung verwendet werden können.

Spektroskopiker in Dresdner Labor
Spektroskopiker in Dresdner Labor - dpa/dpa/picture-alliance/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Kritiker beklagen Mängel beim Datenschutz - Ministerium widerspricht.

Grünen-Politiker und Patientenschützer kritisierten am Wochenende den Entwurf zum Digitale-Versorgungs-Gesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der am Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden soll. Sie forderten strengeren Datenschutz und eine Widerspruchsmöglichkeit für Patienten. Spahns Ministerium wies die Kritik zurück und sicherte einen restriktiven Umgang mit sensiblen Patientendaten zu.

Spahns Vorlage sieht für die Datenweitergabe folgendes Verfahren vor: Die gesetzlichen Kassen müssen die persönlichen Daten sowie sämtliche Behandlungsdaten aller Versicherten an den Spitzenverband der Kassen weiterleiten, der sie dann pseudonymisiert der Forschung zur Verfügung stellt. Verwaltet werden sollen die Daten von einem erweiterten Forschungsdatenzentrum, das beim Bundesgesundheitsministerium angesiedelt wird.

Damit entstünde eine der umfangreichsten Datensammlungen in der Bundesrepublik, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland am Wochenende. Eine Möglichkeit für die Versicherten, der Weitergabe dieser hochsensiblen Daten zu widersprechen, sieht der bereits im Internet veröffentlichte Entwurf nicht vor.

Die Grünen kritisierten Spahns Vorgehen. «Es ist hoch bedenklich, dass Spahn im Schweinsgalopp, praktisch ohne gesellschaftliche Diskussion, die kompletten Gesundheitsdaten der gesetzlich Versicherten für die Forschung zugänglich machen möchte», sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink dem RND.

Es sei an keiner Stelle intensiver diskutiert worden, ob Datenschutz und Datensicherheit hinreichend gewährleistet seien, monierte die Abgeordnete. Zudem fehle es in dem Entwurf an Widerspruchsmöglichkeiten für die Versicherten.

Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, der Datenschutz für Patienten spiele in Spahns Entwurf «eher eine untergeordnete Rolle». Sollte Spahn sein Modell durchsetzen wollen, «braucht es das Einverständnis der Betroffenen», sagte Brysch zu AFP. Der Patientenschützer schlug vor, die Daten vom Statistischen Bundesamt erheben zu lassen, so dass «höchste Datenschutz-Standards eingehalten» würden.

Genutzt werden sollen die Patientendaten laut Spahns Gesetzentwurf für «Forschung, insbesondere für Längsschnittanalysen über längere Zeiträume, Analysen von Behandlungsabläufen oder Analysen des Versorgungsgeschehens».

Sie sollen dabei pseudonymisiert werden. Die Daten können laut Gesetzentwurf von Behörden, Forschungseinrichtungen oder Universitätskliniken genutzt werden. Die Industrie wird nicht als Nutzniesserin genannt.

Das Bundesgesundheitsministerium wies die datenrechtlichen Zweifel entschieden zurück. «Gesundheitsdaten sind die sensibelsten Daten, die es gibt», erklärte ein Sprecher am Samstag. Der Datenschutz geniesse «wie bisher höchste Priorität».

Das geplante neue Verfahren solle sicherstellen, «dass Daten vor allem schneller und von besserer Qualität - und nicht wie derzeit um Jahre zeitverzögert - für die Versorgungsforschung zugänglich werden». Dies komme den Patienten zugute. Die Kritik der Grünen wertete der Ministeriumssprecher als «Unterstellung».

Allerdings hatte auch der Bundesrat bereits eine kritische Stellungnahme zu Spahns Gesetzentwurf abgegeben und eine Überprüfung in Hinblick auf den Datenschutz gefordert: «Es fehlt an einer klaren Regelung zur Abwägung des angestrebten Nutzens mit dem Re-Identifikationsrisiko und dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen», heisst es in einer Stellungnahme der Länderkammer.

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