Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die Entscheidung über Asylanträge an die Aussengrenzen der EU verlagern, um so die Zahl der einreisenden Flüchtlinge zu reduzieren.
Seehofer mit G6-Kollegen in München
Seehofer mit G6-Kollegen in München - dpa/dpa/picture-alliance

Das Wichtigste in Kürze

  • Vorstoss bei Ministertreffen in München zur Reduzierung der Migrantenzahl.
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Bereits an der Grenze solle auf Grundlage einheitlicher EU-Regeln die Frage geklärt werden: «Hat jemand Schutzbedarf, ja oder nein?», sagte Seehofer am Dienstag nach einem Treffen mit Ministerkollegen aus fünf grossen EU-Staaten in München.

Je nach Ergebnis der Prüfung sollen die Flüchtlinge dann direkt von der Grenze in ihre Herkunftsländer zurückgebracht oder auf EU-Mitgliedsländer verteilt werden, sagte der Minister.

Mit seinem Vorstoss will Seehofer nach eigenen Angaben eine Neuregelung des EU-Asylsystems vorantreiben, dessen Reform seit Jahren auf der Stelle tritt. Den Vorschlag unterbreitete Seehofer in München seinen Innenministerkollegen aus Frankreich, Grossbritannien, Italien, Polen und Spanien - der so genannten G6-Gruppe.

Seehofers Plan sieht eine stärkere Rolle für die EU-Grenzschutzbehörde Frontex vor: Sie soll für die Rückführung der Flüchtlinge sorgen, deren Antrag an der Aussengrenze abgelehnt wurde. Dies solle die Behörden der Nationalstaaten entlasten, sagte Seehofer. Frontex müsse dafür aber deutlich stärker personell aufgestockt werden als bislang geplant.

Die Flüchtlinge mit positivem Bescheid sollen nach Seehofers Vorstellung auf EU-Mitgliedsländer verteilt werden, wofür er ein System «flexibler Solidarität» vorschlug: Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollten, könnten sich etwa durch Finanzmittel oder Bereitstellung von Personal für Frontex an dem neuen Asylsystem beteiligen.

Seehofer räumte ein, dass es im Kreis der G6-Minister, aber auch in seinem Ministerium und in der grossen Koalition, noch eine «ganze Serie von Fragen» zu seinem Plan gebe. Unter anderem müsse noch geklärt werden, anhand welcher Kriterien die Asylanträge an der Aussengrenze geprüft werden sollen und auf welchem Wege abgelehnte Bewerber juristisch gegen die Entscheidung vorgehen können.

Er strebe an, dass die EU während der deutschen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 «Rechtsakte» auf Grundlage seiner Vorstellungen fällen könne. «Wir haben hier noch ein dickes Brett zu bohren», räumte er ein.

Seehofers Vorschläge knüpfen an Beschlüsse des EU-Gipfels vom Juni 2018 an. Damals beschlossen die EU-Chefs, über Asylanträge in «Ausschiffungsplattformen» ausserhalb der EU zu entscheiden und die Rolle von Frontex bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber zu stärken. Umsetzt wurde der Plan nie, weil sich kein Land bereit erklärte, die «Ausschiffungsplattformen» zu beherbergen.

Eine EU-Asylreform war in den vergangenen Jahren immer an der Frage der Flüchtlingsaufnahme gescheitert - vor allem die so genannten Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn wehren sich gegen eine verpflichtende Aufnahme.

Momentan gilt in der EU noch die so genannte Dublin-Vereinbarung, die aber allgemein als reformbedürftig eingeschätzt wird. Demnach müssen Flüchtlinge in dem Land bleiben und einen Asylantrag stellen, in dem sie als erstes europäischen Boden betreten. Dies belastet insbesondere Länder wie etwa Griechenland, in denen viele Flüchtlinge ankommen.

Seehofer sagte am Dienstag in München, er halte die Migrationsfrage für das «innenpolitisch wichtigste Thema in Europa». Die Lage sei derzeit so, «dass aus allen Himmelsrichtungen der Migrationsdruck nach wie vor erheblich ist».

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