Seehofer hält bis auf Weiteres an deutschen Grenzkontrollen fest
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will bis auf Weiteres an den vor drei Monaten eingeführten Grenzkontrollen festhalten.

Das Wichtigste in Kürze
- Innenminister will Sicherheit zu Schwerpunkt der EU-Ratspräsidentschaft machen.
Auf dem Europäischen Polizeikongress am Dienstag in Berlin zog der Minister eine Zwischenbilanz: Den Grenzbeamten seien bei den Kontrollen «einige hundert Personen» ins Netz gegangen, die trotz Einreisesperre wieder nach Deutschland kommen wollten. Seehofer kündigte an, das Thema Sicherheit zu einem «zentralen Punkt» der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu machen.
Eine Erkenntnis aus der stärkeren Überwachung an Deutschlands Grenzen sei, «dass hier Gewaltiges an Grenzübertritten stattfindet», sagte Seehofer. Nicht nur hunderte Menschen mit Einreisesperre seien aufgegriffen worden, sondern zusätzlich noch «das Doppelte an Menschen, die mit Haftbefehl gesucht werden». Dies sei eine Grössenordnung, «die glaubt man gar nicht».
Der Minister forderte auf dem Polizeikongress abermals einen effektiven Schutz der EU-Aussengrenzen. Wenn die EU dies nicht leisten könne, handle Deutschland auf nationaler Ebene. «Solange dies an den Aussengrenzen Europas und Schengens nicht gewährleistet wird, müssen wir an den Grenzen ganz genau hinschauen, wer aus welchen Gründen in die Bundesrepublik Deutschland kommt.»
Seehofer kritisierte abermals die Defizite auf EU-Ebene beim Schutz der Aussengrenzen und bei der Umsetzung der Dublin-Regelung zur Rückführung von Asylbewerbern. Diese Regelung funktioniere nicht: «Von den meisten Staaten bekommen wir nicht einmal Antwort auf unsere Briefe.»
Der Minister kündigte an, «dass wir die Sicherheit zu einem zentralen Punkt der deutschen Präsidentschaft machen». Dabei wolle er unter anderem einen besseren Austausch von Daten unter den EU-Staaten durchsetzen - etwa von Daten im Digitalbereich. Zudem wolle er während der im Juli beginnenden deutschen Ratspräsidentschaft für seinen Vorschlag werben, die Entscheidung über Asylanträge an die EU-Aussengrenzen zu verlagern.
Seehofer kündigte zudem deutsche Unterstützung für den Versuch an, die Aufstockung der EU-Grenzschutzbehörde Frontex zu beschleunigen. Die geplante Aufstockung um 10.000 Mitarbeiter bis 2027 sei ein «furchtbar weit entferntes Datum».
Seehofer forderte die neue EU-Kommission auf, dem Grenzschutz und einer gemeinsamen Asylpolitik genausoviel Bedeutung einzuräumen wie dem Klimaschutz. «Ich habe viel Verständnis für den Green Deal und stimme ihm auch zu», sagte er. «Aber die gemeinsame europäische Asylpolitik ist für die Zukunft Europas mindestens von gleicher Bedeutung.»
Der grosse Zuzug von Flüchtlingen im Jahr 2015 habe gezeigt, dass eine ungeordnete Migration in Europa zu «Spaltungen, Polarisierungen und zum Aufblühen von extremen Parteien» führe, sagte Seehofer.
Seehofer hatte im November die Kontrollen an den deutschen Grenzen verschärft. Konkreter Anlass war damals die Wiedereinreise des Clan-Chefs Ibrahim Miri aus dem Libanon.
Eine EU-Asylreform war in den vergangenen Jahren immer an der Frage der Flüchtlingsaufnahme gescheitert - vor allem die so genannten Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn wehren sich gegen eine verpflichtende Aufnahme. Momentan gilt in der EU noch die so genannte Dublin-Vereinbarung, die aber allgemein als reformbedürftig eingeschätzt wird.
Die Linke kritisierte Seehofers Aufritt auf dem Polizeikongress. «Eine gemeinsame europäische Asylpolitik ist in der Tat von Nöten», erklärte Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke. «Doch nicht immer perfidere Formen der Grenzüberwachung, sondern ein gemeinsames System der Flüchtlingsaufnahme ist das Gebot einer humanitären Flüchtlingspolitik.»