Die Staats- und Regierungschefs der EU haben Russland im Fall eines Angriffs auf die Ukraine mit «massiven Konsequenzen» gedroht.
Bundeskanzler Olaf Scholz in Brüssel
Bundeskanzler Olaf Scholz in Brüssel - POOL/AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Scholz spricht von «Vorbereitung für einen Fall, der nicht eintreten soll».

Ein Einmarsch würde harte Sanktionen nach sich ziehen, heisst es in der Abschlusserklärung des EU-Gipfels in Brüssel. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach am Freitagmorgen nach seinem ersten Gipfel von der «Vorbereitung für einen Fall, der nicht eintreten soll».

Für alle EU-Länder sei es «von allergrösster Bedeutung, dass die Grenzen in Europa nicht verschoben werden», betonte Scholz nach dem Gipfel in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Der gemeinsame Auftritt sollte die Geschlossenheit beider Länder vor Beginn des französischen EU-Ratsvorsitzes am 1. Januar symbolisieren.

Macron sagte, die EU-Länder hätten die bereits nach der Annexion der Krim 2014 verhängten Sanktionen für weitere sechs Monate verlängert. Welche Zwangsmassnahmen die EU im Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine sonst noch plant, blieb auch nach dem Gipfel offen.

Die Ukraine selbst, aber auch EU-Länder wie Polen, Litauen und Lettland fordern von Deutschland, die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 als Druckmittel gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin einzusetzen. Der lettische Regierungschef Krisjanis Karins warf Putin vor, die Erdgasleitung zur «Erpressung» der EU zu nutzen.

Scholz spielte die Bedeutung der Pipeline dagegen herunter. Es handele sich um ein rein «privatwirtschaftliches Vorhaben», sagte der SPD-Politiker zu dem Projekt, das der letzte sozialdemokratische Kanzler Gerhard Schröder 2005 mit Putin vereinbart hatte.

Die Ukraine und Polen sehen darin allerdings ein hochpolitisches Projekt, das russisches Erdgas unter Umgehung ihrer Länder nach Deutschland leiten soll. Scholz beschwichtigte: «Wir werden uns auch in Zukunft dafür verantwortlich fühlen, dass es klappt mit dem Gastransit durch die Ukraine.»

Das Europaparlament hatte zuvor in einer nicht bindenden Entschliessung ebenfalls mit grosser Mehrheit den Verzicht auf Nord Stream 2 gefordert. Daneben verlangte die Volksvertretung Sanktionen gegen «die Oligarchen im Dunstkreis des russischen Präsidenten» sowie den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlsystem Swift.

Scholz und Macron warben für eine Wiederbelebung der Gespräche mit Russland und der Ukraine unter deutsch-französischer Vermittlung. Einfach sei dies jedoch nicht, betonte Scholz: «Man darf sich da nichts vormachen.»

Auch Macron sagte, «Naivität» sei gegenüber Moskau nicht angebracht. Putin hatte bisher ein einziges Mal an einem Gipfel im sogenannten Normandie-Format mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj teilgenommen, Ende 2019 in Paris.

Die EU rief darüber hinaus die autoritäre Regierung in Belarus auf, «alle politischen Gefangenen unverzüglich und ohne Bedingungen freizulassen». Dort war der Ehemann der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja am Dienstag zu 18 Jahren Haft verurteilt worden.

Massive Differenzen wurden erneut beim Thema Energie deutlich: Einige Ost-Länder stellten wegen der deutlich gestiegenen Preise den EU-Handel mit Verschmutzungsrechten in Frage und verhinderten damit die Annahme einer gemeinsamen Erklärung.

Keine Einigung gab es bei einem heiklen Thema auch zwischen Macron und Scholz: Die EU-Kommission will kommende Woche vorschlagen, Atomenergie als «nachhaltig» einzustufen - vor allem bei den Grünen in der Ampel-Koalition stösst dies auf massive Ablehnung.

Macron verteidigte den Plan mit den Worten, die Kernkraft sei zwar «nicht mit erneuerbaren Energien gleichzustellen», stosse aber wenig Kohlendioxid aus. Zuvor hatte er Kernenergie unerlässlich für das Ziel der EU-Klimaneutralität bis 2050 bezeichnet.

Scholz nannte die Debatte über die sogenannte Taxonomie dagegen «völlig überbewertet». Auch mit dem Vorschlag ändere sich nichts daran, dass Deutschland im kommenden Jahr das letzte Kernkraftwerk abschalten werde. Berlin war es in den Verhandlungen nicht gelungen, eine genügend Stimmen für eine Blockade des Vorschlags zu organisieren.

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