In Russland stimmten 70 Prozent der Stimmberechtigten für eine neue Verfassung, mit der Präsident Wladimir Putin bis 2036 an der Macht bleiben kann.
Wladimir Putin
Russlands Präsident Wladimir Putin. - Sputnik/AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Rund 70 Prozent der Stimmberechtigten in Russland stimmten für eine neue Verfassung.
  • Damit kann Kremlchef Wladimir Putin bis 2036 an der Macht bleiben.

Bei einer von Manipulationsvorwürfen überschatteten Abstimmung haben die Russen die neue Verfassung für einen Machterhalt von Kremlchef Wladimir Putin angenommen. Rund 70 Prozent der Berechtigten stimmten nach Angaben der Wahlkommission für das neue Grundgesetz. Damit könnte der 67-jährige Putin bis 2036 an der Macht bleiben.

28,1 Prozent lehnten demnach die Verfassung ab. Das war der Stand nach Auszählung von mehr als 10 Prozent der Stimmzettel am Mittwoch. Die Ergebnisse wurden veröffentlicht, obwohl der Urnengang noch nicht in allen Teilen des Landes beendet war.

Die Wahlbeteiligung wurde mit knapp 65 Prozent angegeben. Insgesamt waren im flächenmässig grössten Land der Erde mit elf Zeitzonen 110,5 Millionen Wähler aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die letzten Wahllokale sollten am Abend um 20 Uhr MESZ in der Ostseeexklave Kaliningrad schliessen.

Gleichgeschlechtliche Ehe nicht erlaubt

Dieser Trend eines Sieges für den Kreml deckte sich mit Nachwahlbefragungen des staatlichen Wziom-Instituts. Diese waren bereits am Montag veröffentlicht worden.

Unabhängige Meinungsforscher hatten dagegen keinen so deutlichen Sieg vorhergesagt. In der russischen Hauptstadt und in St. Petersburg kam es zu Protesten einzelner Putin-Gegner. Sie verliefen bis zum frühen Abend friedlich.

Die Verfassung beinhaltet viele soziale Versprechen wie etwa eine jährliche Rentenanpassung. Die Wähler stimmten über ein ganzes Paket von Änderungen ab. Darunter etwa auch die Garantie, dass eine Ehe nur zwischen Mann und Frau erlaubt bleibe.

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Ein Mann in St. Petersburg hält ein Plakat mit der Aufschrift «Wir müssen den Präsidenten ändern, nicht die Verfassung» in den Händen. - keystone

Putin hatte betont, dass es gleichgeschlechtliche Ehen nicht geben werde, solange er an der Macht ist. Nach der alten Verfassung von 1993 hätte er 2024 nicht wieder für das Präsidentenamt kandidieren dürfen. In einem eigenen Passus wurden nun aber seine bisherigen Amtszeiten seit 2000 annulliert.

«Heute legen wir die Zukunft Russlands fest. Ich habe für eine wirtschaftliche und soziale Entwicklung unseres Landes gestimmt. Und für die Erhaltung seiner Geschichte, Traditionen und Werte», sagte Regierungschef Michail Mischustin. Er hatte wie Putin bis zum letzten Tag der auf sieben Tage angelegten Abstimmung gewartet, um seine Stimme abzugeben.

Putin ignoriert Maskenpflicht

Weder Putin noch er trugen – wie eigentlich vorgeschrieben in Moskau – Mund- und Nasenschutz gegen das Coronavirus. Wahlleiterin Ella Pamfilowa kritisierte aber nur Mischustin, obwohl er selbst schon von dem Virus genesen ist.

Das Innenministerium berichtete der Agentur Interfax zufolge von mehr als 800 Zwischenfällen bei der Abstimmung. Es gebe aber keine Verstösse, die das Ergebnis beeinflussen könnten.

Michail Mischustin wladimir putin
Der russische Regierungschef Michail Mischustin (l.) gilt als enger Wegbegleiter von Präsident Wladimir Putin. Er würde mitten im Ukraine-Krieg wohl stellvertretend übernehmen, wenn nötig. - dpa

Unabhängige Wahlbeobachter der Nichtregierungsorganisation Golos sprachen von Hunderten Verstössen. Die Menschen seien zur Stimmabgabe gedrängt und das Wahlgeheimnis sei oft nicht gewahrt worden, hiess es. Zudem sollen viele Menschen mehrfach abgestimmt haben.

Kremlkritiker Alexej Nawalny meinte, es sei ungeheuerlich, dass die Wahlkommission während der laufenden Abstimmung bereits erste Ergebnisse veröffentliche. «Sie wollen damit absichtlich zeigen, dass sie auf das Gesetz spucken», twitterte der Oppositionelle. «Ihr Platz ist auf der Anklagebank.»

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