Angesichts der erwarteten Bekanntgabe von israelischen Annexionsplänen für das Westjordanland haben am Mittwoch tausende Palästinenser im Gazastreifen protestiert.
Palästinensische Demonstranten
Palästinensische Demonstranten - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Regierung in Jerusalem äussert sich bis zum Nachmittag nicht.

Sie hielten Plakate gegen US-Präsident Donald Trump und palästinensische Flaggen in die Luft, die radikalislamische Hamas feuerte 20 Testraketen ins Mittelmeer. Während sich international zahlreiche Stimmen gegen eine Annexion aussprachen, äusserte sich die israelische Regierung bis zum Nachmittag nicht zu ihren Plänen.

Aussenminister Gabi Aschkenasi sagte dem israelischen Armee-Radio, es sei «unwahrscheinlich, dass heute etwas passiert». Der Minister schränkte allerdings ein, er wisse nicht, ob es am Mittwoch eine Erklärung gebe. Am Vorabend der von der israelischen Regierung selbst gesetzten Frist hatten bereits mehrere Behördenvertreter angedeutet, dass am 1. Juli keine grosse Erklärung zu erwarten sei.

Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte für Mittwoch in Aussicht gestellt, das Vorhaben seiner Regierung zur Umsetzung des umstrittenen Nahost-Plans von US-Präsident Donald Trump vorzustellen. Der Trump-Plan gibt Israel im Prinzip grünes Licht für eine Annexion von bis zu 30 Prozent des von Israel seit 1967 besetzten Westjordanlands.

Die Palästinenser lehnen den Plan strikt ab. Die radikalislamische Hamas, die den von Palästinensern bewohnten Gazastreifen kontrolliert, würde eine Annexion nach eigenen Angaben als «Kriegserklärung» verstehen.

Im Deutschen Bundestag kündigten Union, SPD und FDP an, die Bundesregierung mit einem gemeinsamen Antrag zu einer entschiedenen Positionierung gegen die Annexionspläne bewegen zu wollen. Sie solle der «dringlichen Forderung» an die israelische Regierung Nachdruck verleihen, «von einer Annexion von Teilen des Westjordanlands und von dem weiteren Ausbau der Siedlungen abzusehen», heisst es in dem Antrag, der AFP vorlag. Diese Pläne stünden «im Widerspruch zu internationalem Recht» und würden das «Risiko einer neuerlichen Destabilisierung der Region» bergen.

Auch die Vereinten Nationen und mehrere arabische Staaten haben Israel vor einer Annexion gewarnt. Jordanien, eines von nur zwei arabischen Ländern, mit denen Israel diplomatische Beziehungen unterhält, schloss nicht aus, den Friedensvertrag von 1994 zu prüfen.

Der britische Premierminister Boris Johnson stellte sich in einem Beitrag in der israelischen Zeitung «Jediot Ahronot» gegen eine Annexion. Obwohl er ein «leidenschaftlicher Verteidiger Israels» sei, wäre eine Annexion «gegen Israels langfristige Interessen». International wird befürchtet, dass ein solcher Schritt eine neue Welle der Gewalt auslöst.

In israelischen Medien wurde vermutet, Netanjahu könnte am Mittwoch oder in den kommenden Tagen zumindest eine symbolische Aktion umsetzen und etwa nur eine israelische Siedlung annektieren. Beobachter gehen davon aus, dass der israelische Regierungschef wegen einer möglichen Abwahl von US-Präsident Trump im November versuchen könnte, vorher Fakten zu schaffen.

Netanjahus Stellvertreter und Verteidigungsminister Benny Gantz hatte am Montag hingegen erklärt, mögliche Annexionen müssten auf die Zeit nach der Corona-Krise verschoben werden.

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