Vor dem EU-Sondergipfel zum nächsten Sieben-Jahres-Haushalt der Union gibt es keine Anzeichen für einen schnellen Durchbruch.
EU-Ratspräsident Michel
EU-Ratspräsident Michel - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • EU-Ratspräsident fordert von Staats- und Regierungschefs «Realismus».
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartete bei dem Treffen ab Donnerstag «sehr harte und schwierige Verhandlungen», wie sie am Mittwoch sagte. Deutsche Interessen seien «an vielen Stellen noch nicht ausreichend berücksichtigt». EU-Ratspräsident Charles Michel warnte vor Verzögerungen und forderte von den Regierungen der Mitgliedstaaten «Realismus».

Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten ab Donnerstagnachmittag über Michels Vorschlag für die Finanzierung der Union in den Jahren 2021 bis 2027. Er sieht Kürzungen der Milliardenhilfen für Europas Bauern und Regionen vor, aber mehr Geld für Klimapolitik, Grenzschutz, Forscher und Studenten. Das Volumen soll bei 1,074 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung liegen. Dies sind knapp 1095 Milliarden Euro.

Aus vielen Mitgliedstaaten gibt es massive Kritik an dem Plan. Länder wie Frankreich oder Spanien kritisieren die Kürzung der Agrarausgaben, osteuropäische Länder die Einschnitte bei den Regionalhilfen. Eine Gruppe um Österreich, Dänemark, die Niederlande und Schweden hält das Volumen des Budgets für deutlich zu hoch.

Deutschland habe ein «elementares Interesse» daran, dass eine Einigung gefunden werde, sagte Merkel in Berlin. «Aber trotzdem muss die Gesamtbilanz stimmen.» Die Belastung müsse unter Nettozahlern wie Deutschland «fair» verteilt sein, betonte die Kanzlerin. Dies sei für sie «ein wichtiger Punkt.»

Michel hatte vor diesem Hintergrund vorgeschlagen, Deutschland und anderen Ländern, die mehr in das EU-Budget einzahlen als sie zurückbekommen, weiter Beitragsrabatte zu gewähren. Mehr als ein Dutzend andere Mitgliedstaaten und das Europaparlament fordern aber die Abschaffung der Nachlässe.

"Ich rechne nicht damit, dass es beim Gipfel am Donnerstag und Freitag zu einem Durchbruch kommen wird?, sagte der frühere deutsche EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger dem "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe). Die Ausgangspositionen zwischen den EU-Staaten seien "immer noch sehr weit voneinander entfernt".

Oettinger kritisierte die deutsche Verhandlungsposition, der zufolge der künftige EU-Etat nicht grösser sein soll als 1,0 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung. Dies sei «schlichtweg zu wenig», um die durch den Brexit entstandene Haushaltslücke zu schliessen und gleichzeitig Zukunftsaufgaben wie den Klimaschutz zu bewältigen.

«Es ist Zeit, Entscheidungen zu treffen», sagte Michel in einem auf Twitter veröffentlichten Video. «Abzuwarten wird die Dinge nicht einfacher machen.» Ein hochrangiger EU-Vertreter sagte, Michel sei «sehr entschlossen, in den kommenden Tagen eine Einigung zu erzielen». Er warnte vor Verzögerungen. Sie könnten dazu führen, dass EU-Programme im kommenden Jahr kein Geld hätten.

Merkel verwies darauf, dass dem Haushaltsplan am Ende auch das EU-Parlament zustimmen müsse. Es fordert ein deutlich höheres Budget von 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Dies wären 1324 Milliarden Euro und damit 230 Milliarden Euro mehr als von Michel vorgesehen.

Die Verhandlungsführer des Parlaments erklärten am Mittwoch, sie lehnten den Vorschlag des Ratspräsidenten auch wegen falscher Zielsetzungen und der Kürzungen bei Agrar- und Regionalhilfen ab. Sie forderten den Gipfel auf, sich nicht auf Basis von Michels Plan zu einigen.

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