Brexit-Chaos lässt die britische Wirtschaft schwächeln
Die Ungewissheiten rund um den Brexit bremsen das britische Wirtschaftswachstum.

Das Wichtigste in Kürze
- Regierungschefin lehnt Labour-Kompromiss ab und fordert neue Gespräche.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte 2018 nur um 1,4 Prozent zu, der schwächste Anstieg seit 2012, wie die britische Statistikbehörde am Montag mitteilte. Der Brexit-Kurs des Landes blieb derweil weiter unklar: Premierministerin Theresa May lehnte einen Kompromissvorschlag von Labour-Oppositionschef Jeremy Corbyn ab. In Brüssel standen Gespräche zwischen den Chefunterhändlern an.
2017 war die britische Wirtschaft noch um 1,8 Prozent gewachsen. Im vergangenen Jahr ging es dann bis zum Sommer noch ordentlich bergauf. Im vierten Quartal kletterte das BIP allerdings nur noch um 0,2 Prozent im Vorquartalsvergleich nach oben. Im Dezember schrumpfte es sogar leicht.
Die Investitionen der Unternehmen gingen im letzten Quartal 2018 um 1,4 Prozent zurück, und damit das vierte Quartal in Folge. Ähnlich schlecht sah es zuletzt während der Finanzkrise aus. Auch die privaten Haushalte, bislang in ihrem Konsumverhalten fast unbekümmert, gaben im letzten Quartal nur 0,4 Prozent mehr aus.
Vor allem die Unsicherheit darüber, wie sich der Austritt des Königreichs aus der Europäischen Union gestalten wird, belastet die Konjunktur. Sechseinhalb Wochen vor dem offiziellen Austrittstermin am 29. März ist immer noch unklar, unter welchen Bedingungen dies geschiehen soll.
In einem Brief an Labour-Chef Corbyn wies May am Sonntag dessen zentrale Forderung nach einem Verbleib des gesamten Landes in einer Zollunion mit der EU zurück. May signalisierte aber Zugeständnisse und bot an, EU-Massnahmen zum Schutz der Umwelt und von Arbeitnehmerrechten beizubehalten. Die Regierungschefin forderte «so bald wie möglich» weitere Gespräche mit der Labour-Partei.
Corbyn hatte May fünf Bedingungen für die Zustimmung seiner Partei zu einem Austrittsabkommen gestellt. Neben dem Verbleib in einer Zollunion mit der EU verlangte er unter anderem eine direkte Anbindung des Landes an den gemeinsamen Binnenmarkt und eine Zusammenarbeit mit der EU beispielsweise bei Regulierungen der Industrie, beim Umweltschutz und bei der Sicherheitspolitik.
Das britische Unterhaus hatte Mitte Januar den Austrittsvertrag klar abgelehnt und Nachbesserungen gefordert. Dies lehnt die EU ab. Sie ist nur zu Klarstellungen in einer politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen bereit.
May hatte bei einem Besuch in Brüssel in der vergangenen Woche mehrere Optionen vorgeschlagen, um den Brexit-Vertrag doch noch durch das britische Unterhaus zu bekommen. Diese sollen von den Experten beider Seiten nun geprüft werden. Deshalb wollten EU-Verhandlungsführer Michel Barnier und der britische Brexit-Minister Stephen Barclay am Abend in Brüssel zusammenkommen.
Es ist das erste Treffen der Chefunterhändler seit dem Abschluss der Verhandlungen im November. Von einer Wiederaufnahme der Verhandlungen wollte die EU aber nicht sprechen.
Mit dem Nicht-EU-Land Schweiz einigte sich Grossbritannien derweil auf ein bilaterales Handelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit. Es sieht nach Schweizer Angaben vor, dass bei einem geregelten Brexit die Verträge zwischen der Schweiz und der EU bis zum Ende der Übergangsperiode auch weiter für die Beziehungen zu Grossbritannien gelten. Kommt es zu einem harten Brexit, tritt das neue Handelsabkommen am 30. März sofort in Kraft. Grossbritannien gehört zu den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz.