Restaurants verkaufen jetzt Hahnenwasser «à discrétion»
In Zürich erobert ein neues Konzept die Beizen-Terrassen: Hahnenwasser «à discrétion». Der Chef eines Vorreiter-Restaurants spricht bei Nau.ch über den Trend.

Das Wichtigste in Kürze
- Einmal vier Franken zahlen, den ganzen Abend lang Hahnenwasser trinken.
- Auf dieses Konzept setzt das Restaurant Ooki Pavillon beim Letzigrund.
- Vor allem in Zürich ziehen immer mehr Restaurants nach.
- Schweizweit bieten die meisten Beizen Hahnenwasser noch immer gratis an.
Sollen und dürfen Restaurants für Hahnenwasser Geld verlangen? Und wenn ja, wie viel? Es ist und bleibt eine Streitfrage.
Jetzt verbreitet sich in Zürich ein neuer Ansatz unter Beizern: Hahnenwasser «à discrétion». Einmal zahlen, so viel aus dem Restaurant-Hahnen trinken, wie man will.
Nicolas Kern, Präsident Gastro Stadt Zürich, bestätigt bei Nau.ch, dass das «à discrétion»-Konzept aufkommt. «Es gibt immer mehr Restaurants, die das einführen.»

Einer der Vorreiter ist das «Ooki Pavillon» beim Letzigrund-Stadion. «Das Konzept wird von den Gästen grundsätzlich geschätzt. Insbesondere von Gruppen oder Familien», erzählt Inhaber Ino Oki.
Man spreche bewusst nicht von Hahnenwasser, sondern von Wasser.
So entsteht Wasser à discrétion für vier Franken
«Das Wasser wird vor Ort durch unsere eigene Wasseraufbereitungsanlage gefiltert. Und bei Bedarf mit Kohlensäure versetzt», sagt Oki.

Das sei mit «nicht unerheblichem» Aufwand verbunden. «Das Wasser muss vorbereitet, in Flaschen abgefüllt, hin- und hergetragen sowie die Gläser laufend gespült werden.»
Deshalb verrechne man einen Pauschalpreis von vier Franken. «Unabhängig davon, wie viel und ob mit oder ohne Kohlensäure konsumiert wird.»
Wasser ist besser als Hahnenwasser
Gastro-Präsident Kern hat aber noch eine andere Vermutung. «Wenn ein Restaurant aufbereitetes Hahnenwasser einfach ‹Wasser› nennt, umschifft man diese Fragen.»
Auch Ooki-Chef Ino Oki bestätigt: «Unsere Erfahrung zeigt, dass der Begriff ‹Hahnenwasser› bei gewissen Gästen Vorbehalte auslöst.»
Obwohl es sich um qualitativ hochwertiges Trinkwasser handle. «Mit dem neutralen Begriff ‹Wasser› vermeiden wir unnötige Diskussionen.»

Gleichzeitig kommuniziere man transparent, dass es sich nicht um abgefülltes Markenwasser handle.
Dumm nur für die Mineralwasser-Quellen
Für den obersten Zürcher Beizer ist «Hahnenwasser à discrétion» eine «sinnvolle und faire Lösung. Vor allem für jene Restaurants, die schon über eine Aufbereitungs-Station sowie eigene Wasser-Flaschen verfügen.»
Klar sei auch: «Mineralwasser-Quellen haben sicher nicht die grösste Freude an dieser Geschichte ...»

Für Restaurants sieht Kern hingegen mehr Vor- als Nachteile. Der Aufwand sei zum Beispiel geringer.
Vier Franken für à discrétion ist «sehr günstig für Zürich»
Wenn es einen Nachteil für Restaurants gebe: «Vier Franken für Wasser in der Stadt Zürich – der Preis ist sehr günstig. Schon nur ein kleines Fläschli kostet sonst meist mehr.»
In der Tat: Zuletzt berichtete Nau.ch, dass ein Liter Wasser in Zürich wohl bald 15 Franken kostet.

Zudem sorgte eine Berner Oberländer Beiz letzten Sommer für Schlagzeilen. Für sechs Gläsli «Jungfrau-Wasser» – oder auch Hahnenwasser genannt – verlangte das Lokal 26 Franken …
Die meisten Schweizer Beizen verlangen nichts für Hahnenwasser
Der Schweizweite Hotel- und Restaurant-Verband «Gastrosuisse» sagt, dass das Thema Hahnenwasser ein ständiges Thema sei.
Ob es sich für einen Betrieb lohne, «Wasser à discrétion» anzubieten, hänge von Angebot und Gästen ab. «Je nachdem, wie sich der Betrieb ausrichtet, kann Gratis-Leitungswasser sinnvoll sein», so Sprecherin Iris Wettstein.
Der Branchenspiegel zeige, dass neun von zehn Restaurants in der Schweiz Hahnenwasser anbieten.
Davon verlangen mehr als die Hälfte (62 Prozent) kein Geld dafür. Höhere Preise als zwei bis drei Franken pro Liter seien bislang auf die ganze Schweiz bezogen kaum verbreitet.

Nur knapp ein Prozent der Restaurants in der Schweiz verlangt für einen Liter Hahnenwasser über sieben Franken.
À discrétion? Bei den Baslern gibts keinen Zürich-Trend
Der «à discrétion»-Trend scheint aktuell noch nicht auf andere Städte überzuschwappen. «Mir sind solche Lokale in Basel nicht bekannt», sagt etwa Maurus Ebneter, Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt.
Betreiber, die sich wie in Zürich für ein «Free-Refill-Konzept» entscheiden, würden fehlende Getränkeumsätze wohl anderswo einkalkulieren. «Letztlich halte ich diese Art der Preisgestaltung für Marketing.»
Von Gastro Bern blieb eine entsprechende Anfrage zum Hahnenwasser-Konzept unbeantwortet.