Das Parlament in Peru hat die vorgezogenen Neuwahlen abgelehnt – die Krise verschärft sich weiter. Zudem kam zum ersten Mal ein Demonstrant in Lima ums Leben.
Strassenschlacht zwischen Demonstranten und Polizei in Lima
Strassenschlacht zwischen Demonstranten und Polizei in Lima - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Krise in Peru verschärft sich weiter, nachdem das Parlament Neuwahlen abgelehnt hatte.
  • Mit diesen hatte Präsidentin Boluarte die Protestierenden besänftigen wollen.
  • Auch wurde erstmals Demonstrant bei Zusammenstössen in der Hauptstadt Lima getötet.

Die politische und soziale Krise in Peru verschärft sich weiter.

Trotz wochenlanger Demonstrationen lehnte das Parlament einen Antrag von Präsidentin Dina Boluarte ab, die Wahlen auf Ende 2023 vorzuziehen. Daraufhin kam es erneut zu teils gewaltsamen Protesten in Lima. Zum ersten Mal kam dabei ein Demonstrant in der Hauptstadt ums Leben.

Boluarte hatte gehofft, mit nochmals auf Ende 2023 vorgezogene Wahlen die seit Wochen andauernden massiven Proteste von Anhängern des abgesetzten, linksgerichteten Präsidenten Pedro Castillo zu beenden. Bei der nächtlichen Abstimmung am Samstag im Parlament votierten aber 65 der Abgeordneten gegen Boluartes Antrag, 45 Abgeordnete waren dafür. Zwei weitere enthielten sich ihrer Stimme.

Parlament für Neuwahlen im April 2024

Im vergangenen Monat hatte sich das Parlament noch mit grosser Mehrheit für vorgezogene Neuwahlen im April 2024 ausgesprochen. Dennoch gingen die landesweiten Proteste weiter. Daraufhin bat Boluarte am Freitag das Parlament, die Wahl noch in diesem Jahr abzuhalten.

Peru wird seit der Amtsenthebung und Verhaftung des linksgerichteten Castillo am 7. Dezember von schweren Unruhen erschüttert. Bei den landesweiten Protesten fordern die Demonstranten neben dem Rücktritt von Castillos Nachfolgerin und Parteikollegin die Auflösung des Parlaments, um unverzüglich Neuwahlen abzuhalten.

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Peruanische Polizisten und ein Demonstrant bei dem Protest unter dem Motto «Einnahme von Lima». - Keystone

Bei den Protesten kam es immer wieder zu gewaltsamen Konfrontationen mit den Sicherheitskräften, mindestens 48 Menschen wurden getötet. Für fast ein Drittel des Andenstaats wurde mittlerweile der Notstand ausgerufen.

Bisher nur Tote im Süden des Landes

Bisher waren Tote ausschliesslich aus dem Süden des Landes gemeldet worden, wo Castillo besonders viele Anhänger unter den benachteiligten indigenen Gruppen hat. Nun aber wurde ein Demonstrant auch in Lima getötet. In der Hauptstadt hatte die Demonstration am Samstag zunächst friedlich begonnen.

Doch dann fing eine Gruppe vermummter Demonstranten an, Polizisten mit Steinen und Betonteilen zu bewerfen; diese antworteten mit einem massiven Einsatz von Tränengas. Ein Demonstrant wurde tödlich verletzt, wie das Büro des peruanischen Ombudsmanns mitteilte.

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Eine von Protestierenden eingerichtete Strassenblockade in Peru. EPA/STR - keystone

Die Demonstrationen sowie rund hundert Strassenblockaden führen in Peru zu Engpässen bei Treibstoff, Lebensmitteln und medizinischer Versorgung. Die Regierung kündigte an, die Strassen mit Hilfe von Polizei und Militär bald freizuräumen. Laut dem Büro des Ombudsmanns starben inzwischen zehn Menschen, weil sie es wegen der Sperren nicht mehr rechtzeitig zum Arzt oder zur Apotheken schafften.

Boluarte rief die rechte Opposition und die anderen Parteien am Samstag nochmals dazu auf, ihre parteipolitischen Interessen zurückzustellen. Und sich im Interesse des Landes auf ein Datum für rasche Wahlen zu einigen. «Ich klammere mich nicht an die Macht», versicherte die 60-jährige Anwältin. Sie war als Vizepräsidentin nach Castillos Absetzung an die Spitze des südamerikanischen Landes gerückt.

Tourismus von Protesten beeinträchtigt

Durch die Proteste wird auch die wichtige Tourismusbranche des Landes schwer in Mitleidenschaft gezogen. Seit vergangenem Juni hätten sich die Verluste auf täglich umgerechnet 5,7 Millionen Euro summiert, teilte Tourismusminister Luis Fernando Helguero mit. Bis zu 85 Prozent der Reisen seien annulliert worden.

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Besucher in Machu Picchu im April 2019. - AFP/Archiv

Der Minister verwies insbesondere auf die Situation an der berühmten Inka-Ruinenstadt Machu Picchu, an deren Fusse hunderte Touristen gestrandet waren. Das Auswärtige Amt in Berlin rät ebenso wie viele andere Staaten derzeit von nicht notwendigen Reisen nach Peru ab.

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