Kanzlerin Merkel hält Gefahr durch Dschihadistenmiliz IS nicht für gebannt
Nach dem Auftauchen eines Videos des IS-Anführers Abu Bakr al-Bagdadi hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der weiter bestehenden Gefahr durch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gewarnt.

Das Wichtigste in Kürze
- Regierungschefin sichert Irak Unterstützung bei Wiederaufbau zu.
Der IS sei zwar grossflächig besiegt, aber nicht vollständig verschwunden, sagte sie am Dienstag nach einem Treffen mit dem irakischen Regierungschef Adel Abdul Mahdi in Berlin. Sie sicherte dem Irak weiterhin die Unterstützung Deutschlands beim Wiederaufbau des Landes zu.
Niemand sei davon ausgegangen, dass der IS verschwunden sei, sagte Merkel. Das am Montag veröffentlichte Video zeige, dass diese Einschätzung richtig sei. «Wir werden uns noch eine ganze Zeit lang mit der Frage beschäftigen müssen, wie der IS abschliessend besiegt werden kann», sagte die Kanzlerin.
Auch Mahdi erklärte, der IS habe zwar «schmerzhafte Schläge» erhalten, sei aber nicht komplett verschwunden. Die Dschihadistenmiliz sei eine grosse, «breit gefächerte» Organisation und werde versuchen, weitere Anschläge wie jenen in Sri Lanka zu begehen. Deshalb müsse weiter «geeint» daran gearbeitet werden, «die Reste» des IS zu besiegen.
Am Montag war der IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi erstmals seit fünf Jahren wieder in einem Propaganda-Video des IS aufgetreten und hatte eine Fortsetzung des Kampfes gegen den Westen angekündigt.
Merkel sicherte dem Irak zu, Deutschland werde weiterhin bei der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte helfen. Auch die Entwicklungszusammenarbeit solle vertieft werden.
Die Kanzlerin lobte zudem die Rolle des Irak im Nahen Osten. Das Land befinde sich in einer «ausserordentlich komplizierten Nachbarschaft». «Wir schätzen es sehr hoch ein, dass sie alles dafür tun, ein friedliches Miteinander in der Region zu befördern», sagte sie.
Auch Mahdi unterstrich die Rolle des Irak in der Region. Bagdad habe «Gewicht» in dieser «von Konflikten geprägten Region». Indem der Irak den IS besiegt habe, habe er zudem einen «grossen Beitrag» dazu geleistet, dass die Zahl der Flüchtlinge zurückgegangen sei.
Die beiden Regierungschefs sprachen auch über die Rücknahme gefangener IS-Kämpfer und deren Angehöriger. Merkel sagte, es würde immer «von Einzelfall zu Einzelfall» entschieden.
Auch die Beziehungen des Irak zur autonomen Kurdenregion im Nordirak waren Thema der Gespräche. Die Beziehungen zwischen Erbil und Bagdad seien «sehr gut», sagte Mahdi. «Das heisst aber nicht, dass wir alle Probleme schon lösen konnten.» Es gebe noch Konflikte im Zusammenhang mit der «Verteilung der Ressourcen im Irak».
Am Rande des Treffens unterzeichneten Siemens-Chef Joe Kaeser und der zuständige irakische Minister eine Rahmenvereinbarung über die Modernisierung von Kraftwerken und den Ausbau der Stromnetze. Insgesamt umfasst die Vereinbarung Mahdi zufolge Projekte im Wert von 14 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro). Siemens erhielt nach eigenen Angaben in der ersten Phase Aufträge im Wert von rund 700 Millionen Euro.
Der IS hatte im Sommer 2014 grosse Gebiete im Norden und Zentrum des Irak in seine Gewalt gebracht und ein «Kalifat» ausgerufen. In den folgenden Jahren wurde die Dschihadistenmiliz mit Hilfe einer internationalen Anti-IS-Militärkoalition zurückgedrängt, die auch von Deutschland unterstützt wurde.
Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung die IS-Miliz für besiegt. Das Land hat aber weiter mit gravierenden Problemen wie dem Umgang mit den zahlreichen Vertriebenen, der grassierenden Korruption und der hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen.