Kabinett bringt Gesetz für Nachunternehmerhaftung auf den Weg
Paketboten sollen künftig besser vor Ausbeutung geschützt werden: Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch den Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Nachunternehmerhaftung.

Das Wichtigste in Kürze
- Firmen müssen für Sozialbeiträge haften.
Wer einen Auftrag zum Paketversand annimmt und an einen Nachunternehmer weiter vergibt, haftet demnach für die abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge. Die Gewerkschaften zeigten sich zufrieden, Kritik kam von den Arbeitgebern.
Führt der Subunternehmer keine Beiträge ab und können diese auch nicht eingetrieben werden, steht der Hauptunternehmer dafür ein. Paketdienste im boomenden Onlinehandel gehen mehr und mehr dazu über, einen Teil ihrer Aufträge aus Kapazitätsgründen an Subunternehmer abzugeben. Dabei kommt es zu Schwarzgeldzahlung, Sozialleistungs- und Sozialversicherungsbetrug zulasten der Beschäftigten.
«Die Entwicklung in Teilen der Paketbranche ist so schon länger nicht mehr akzeptabel», erklärte Heil. Arbeitende Menschen, die oft aus Mittel- und Osteuropa stammten und wenig Deutsch sprechen, würden ausgebeutet. «Dieser üblen Praxis schieben wir mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz einen Riegel vor.»
In der Baubranche und in der Fleischwirtschaft hat sich die Nachunternehmerhaftung dem Ministerium zufolge bei vergleichbarer Problemlage bereits bewährt - im Bau seit gut 15 Jahren. Für die Zahlung des Mindestlohns gilt die Nachunternehmerhaftung sogar schon seit dem 1. Januar 2015 branchenübergreifend.
Aus der Union kam Zustimmung zu dem Gesetz. «Mit der Einführung der Nachunternehmerhaftung für nicht geleistete Sozialabgaben in der Paketbranche begegnen wir Missständen, die bei Teilen der Branche festzustellen sind», erklärte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Fraktion, Uwe Schummer (CDU).
Die SPD forderte eine zügige Beratung im Bundestag. «Unser Ziel ist, dass die Paketauslieferung zu Weihnachten schon unter dieses Gesetz fällt», erklärte die stellvertretende Fraktionschefin Katja Mast. Für die SPD-Bundestagsfraktion hätte die Regelung unbefristet kommen können, was die Union aber nicht gewollt habe. Die Neuregelung gilt zunächst befristet bis Ende 2025.
Scharf Kritik an der Neuregelung kam von den Arbeitgebern. Das Vorhaben sei «ein weiteres Beispiel dafür, staatliches Kontrollversagen in den privaten Bereich zu verschieben», sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND) vom Mittwoch.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zeigte sich zufrieden mit dem Kabinettsbeschluss. «Wir erwarten, dass der Bundestag die Nachunternehmerhaftung zügig beschliesst und mit erforderlichen Kontrollen gegen Ausbeutung in der Branche vorgegangen wird», sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis.
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach verlangte vom Bundestag, dafür zu sorgen, dass die Nachunternehmerhaftung «durch mehr Kontrollen auch richtig durchgesetzt wird». Das forderten auch die Grünen. Dafür brauche die Finanzkontrolle Schwarzarbeit mehr Personal, erklärte deren Sprecherin für Arbeitnehmerrechte, Beate Müller-Gemmeke.
Die Linke kritisierte das Gesetz als «Tropfen auf den heissen Stein». Die Auslieferung von Paketen müsse an eine qualifizierte Lizenz gekoppelt werden, die Weitervergabe von Aufträgen an Subunternehmerketten müsse im gesamten Postsektor ausgeschlossen werden, forderte der Linken-Gewerkschaftsexperte, Pascal Meiser.