Martin Jucker: Mit «Give Aways» sinnlos in die Abfallkrise!
«Ich möchte Sie als Konsumenten ermutigen, Nein zu sagen, wenn Sie etwas nicht brauchen», schreibt Martin Jucker. Beispielsweise zu sinnlosen «Give Aways».

Das Wichtigste in Kürze
- Martin Jucker betreibt die bekannte «Jucker Farm» in Seegräben ZH.
- Auf Nau.ch schreibt Jucker regelmässig Kolumnen.
- Heute schreibt Jucker über sinnvolle «Give Aways».
Man kriegt sie überall, die kleinen Aufmerksamkeiten. Einen Kugelschreiber hier, eine Wasserflasche da. Und für die Kinder einen Ballon, und natürlich darf der Regenschirm nicht fehlen.
Ein Geschenk für gute Kunden und Menschen, die Kunden werden sollen, ist das Mindeste. Das ist ein allgemein gültiges Mantra im Verkauf. So lernt man es in jeder Ausbildung. Und eine ganze Industrie hilft jeder Firma, richtig gebrandete «Give Aways» zu beschaffen.
Millionenfach geht solcher Krimskrams jährlich in der Schweiz von Hand zu Hand. Fast immer bedanken sich die Beschenkten höflich dafür. Ja, so sind wir Schweizer eben.
Welche Botschaft will ich vermitteln?
Doch was verschenkt wird, orientiert sich selten an den Bedürfnissen der Kunden.
Als guter Verkäufer überlege ich mir, welche Botschaften ich vermitteln will. Und beschaffe mir danach die passenden «Give Aways».
Aber ich will ja nicht den ganzen Gewinn wieder rauswerfen. Darum muss es billig sein. Ich kaufe also das Günstigste – von irgendwo.
Klar gibt es die Möglichkeit, ein «Give Away» bei einem lokalen Händler zu beziehen. Aber ist es tatsächlich ein regionales Produkt, wenn es nur in der Schweiz beschriftet oder gar nur hier gehandelt wird?
Die Ware stammt von weither mit Produktionsbedingungen, die wohl nur vertretbar sind, solange ich sie nicht kenne.

Wir Schweizer sind höflich. Darum wird der Unsinn dieser kleinen Aufmerksamkeiten auch nie zur Sprache kommen. Oder haben Sie schon einmal beim Erhalt eines Kugelschreibers oder einer Teetasse nach dem Ursprungsland gefragt?
Gibt es Verwendung fürs neue Equipment?
Für gute Kundschaft gibt es natürlich mehr als bloss einen Kugelschreiber. Da wird einem sogar ein Geschenk zugestellt. Ein Badetuch. Eine Trinkflasche dazu. Und eine Kühltasche. Alles für den Strandurlaub. In grosser Stückzahl gekauft, ist das für den Schenkenden nicht teuer.
Für Sie als Kundin gibt es jetzt zwei Szenarien. Erstens: Sie machen Strandferien und haben keine Verwendung fürs neue Equipment, weil sie diese Dinge längst besitzen. Und das erst noch in den Farben, die ihnen gefallen.
Zweitens: Sie machen keine Strandferien und haben ebenfalls keine Verwendung dafür. Wer mit Sicherheit profitiert, ist der lokale Abfallentsorger und die Kehrichtverbrennungsanlage, die dann davon ökologische Fernwärme verkaufen kann.
Verantwortung übernehmen!
Was kann da Abhilfe schaffen? Wie können wir diese destruktive Abfallwirtschaft beenden? Wir können Verantwortung übernehmen.
Als Mitarbeiter einer Firma kann ich dazu anregen, auf nachhaltige und sinnvolle Geschenke umzusteigen. Als Empfänger kann ich Nein sagen, wenn ich etwas nicht will.
Ehrlichkeit ist kein Verbrechen und das Gegenüber lernt dabei vielleicht, was Sie wirklich mögen.
Ich habe vor einigen Jahren angefangen Nein zu sagen, wenn ich etwas nicht will. Damit bekomme ich jetzt deutlich weniger Unnützes als früher.
Regional und nachhaltig
In der Realität klappt das aber längst nicht immer. Ich habe gemerkt, dass es mehr braucht.
Als Unternehmer habe ich hier auch eine Marktlücke gesehen. Geschenke, die allgemein von Nutzen sind und fast überall gut ankommen sind regional, nachhaltig und verantwortungsvoll.
Bei der «Jucker Farm» haben wir viel in solche Produkte investiert und viel Entwicklungsarbeit geleistet. Der Lohn dafür ist, dass bereits mehrere Arbeitsplätze von diesem Bereich finanziert werden. Essen müssen alle Menschen. Etwas Ess- oder Trinkbares findet fast überall den Weg in den Magen.
Mit diesem Beitrag möchte ich jetzt aber nicht einfach einen Werbetext schreiben: Ich möchte Sie als Konsumenten ermutigen, Nein zu sagen, wenn Sie etwas nicht brauchen. Und ich möchte alle Unternehmer ermutigen, die Augen im Alltag offen zu halten.
Die Chancen für Ihr künftiges Business liegen oft in Kleinigkeiten im Alltag begraben.
Halten Sie die Augen offen und beurteilen Sie kritisch, was Sie sehen. Sie könnten es eventuell verbessern.
Zur Person: Martin Jucker ist gelernter Obstbauer und hat sich mit der «Jucker Farm» in Seegräben ZH über die Landesgrenzen hinweg einen Namen gemacht. Er steht für innovative, nachhaltige und unabhängige Landwirtschaft. 2014 wurde er zusammen mit seinem Bruder Beat, als bisher einziger Bauer, zum Schweizer Unternehmer des Jahres gewählt.