US-Präsident Donald Trump hat sich nicht immer gut benommen, wenn es um die Vereinten Nationen geht. Auch diesmal scheint er die Weltbühne nutzen zu wollen.
US-Präsident Donald Trump spricht bei der UN-Generaldebatte der Vereinten Nationen.
US-Präsident Donald Trump spricht bei der UN-Generaldebatte der Vereinten Nationen. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Donald Trump sorgt bei den Vereinten Nationen erneut für Empörung.
  • Er selbst will sich gleich mit mehreren Staats- und Regierungschefs treffen.

Was hat der Mann geschimpft! Die Vereinten Nationen seien schwach und inkompetent. «Die UN sind kein Freund der Demokratie», sagte Donald Trump. Teile des berühmten Gebäudes am New Yorker East River verspottete er als «billig». Und überhaupt sei die ganze Organisation von immerhin fast 200 Mitgliedsländern lediglich ein «Club für Leute, die zusammenkommen und es sich gutgehen lassen.»

«Totale Zerstörung»

Darauf setzte Trump dann im vergangenen Jahr bei seinem ersten Auftritt vor einer UN-Vollversammlung eine Rede, die mit allen ungeschriebenen Regeln zu brechen schien, die bisher im Hauptquartier der Weltdiplomatie gegolten hatten. Er drohte Nordkorea offen die «totale Zerstörung» an, prahlte mit angeblichen innenpolitischen Erfolgen – und setzte nebenbei zu einer kleinen Belehrung der Zuhörerschaft an.

Trump und die Vereinten Nationen im Jahr 2018 – kurz vor den Zwischenwahlen in den USA und mit einem ganzen Koffer voller innenpolitischer Probleme im Gepäck, erwartet bei der Vollversammlung niemand einen zurückhaltenden Trump. Dennoch ist die Haltung der Administration eine andere geworden.

Die Woche in New York, der Heimatstadt des Präsidenten, wollen die USA zu einer hochkarätigen diplomatischen Initiative nutzen, auch wenn Experten keine grossen Durchbrüche erwarten. Washingtons UN-Botschafterin Nikki Haley sprach von diplomatischem «Speed Dating.» «Staatliche Souveränität» soll ein Hauptthema sein. Weil er sich just in dieser beschnitten fühlte, zog sich Trump aus gleich mehreren UN-Initiativen zurück – aus dem Menschenrechtsrat und aus dem Klimaabkommen, etwa.

Treffen mit Staats- und Regierungschefs

Trump gibt Gas – er selbst will sich gleich mit mehreren Staats- und Regierungschefs treffen, den Auftakt machte am Sonntag zu Hause im Trump Tower Japans Ministerpräsident Shinzo Abe. Später in der Woche ist Südkoreas Präsident Moon Jae In an der Reihe. Geredet wird ferner über Treffen mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Ägyptens Abdel Fattah al-Sisi, sowie Grossbritanniens Brexit-geprüfter Regierungschefin Theresa May und Israels Premier Benjamin Netanjahu.

Selbst eine kurze Zusammenkunft mit dem Erzfeind – dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani, schloss Aussenminister Mike Pompeo in einem Interview nicht völlig aus. «Der Präsident war da immer sehr klar: Er redet gern mit Leuten.» Wenn es konstruktiven Dialog geben kann, sollte man sich darum bemühen, fügte Pompeo hinzu. Erstmals wird Trump eine Sitzung des Weltsicherheitsrates leiten. Auch da soll es um den Iran und dessen nicht nur aus US-Sicht hochproblematisches Verhalten in der Nahost-Region gehen – wenngleich die ursprünglichen Pläne hierzu schon wieder ein wenig heruntergeregelt wurden, wie es aus Diplomatenkreisen hiess.

Vor allem Aussenminister Mike Pompeo und Trumps Sicherheitsberater John Bolton dürften ihrem Chef beigebogen haben, dass die Vereinten Nationen und die dort gebotene diplomatische Weltbühne bei aller Kritik auch eine riesige Chance für die Administration des einstigen Reality-TV-Stars und Baulöwen ist: Schaut her, in aller Welt, die USA sind diplomatisch wieder auf der Höhe.

Und es soll in die Vollen gehen: Nichts weniger als die grossen Probleme der Welt will die US-Delegation angehen. Pompeo soll mit seinem nordkoreanischen Kollegen Ri Jong-Ho die Bedingungen für einen zweiten Gipfel zwischen Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un aushandeln. Russlands Rolle in der Weltpolitik ist ein weiteres Thema. Um den Kampf gegen die Verbreitung von Atomwaffen soll es gehen und um die weltweite Drogenproblematik – ein Leib- und Magenthema für den Law-and-Order-Fan Donald Trump.

Fast fertiger Nahost-Friedensplan

Über allem aber schwebt die Situation im Nahen Osten. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und Nahost-Beauftragter Jason Greenblatt sollen einen fast fertigen Friedensplan in der Tasche haben – der so geheim ist, dass ihn keiner kennt. Gemunkelt wird, dass in New York Details zu Ende verhandelt werden könnten – oder sogar schon, entgegen aller Beteuerungen, bekannt werden. Jonathan Schanzer, Vize-Chef der konservativen Foundation for Defense of Democracies, hält das für gefährlich: Die Palästinenser hätten bei den Vereinten Nationen ein «Heimspiel» – der Plan könnte zerpflückt werden.

Dass Trump in New York zwar Israels Premierminister Benjamin Netanjahu treffen will, nicht aber Palästinenserpräsident Mahmud Abbbas, mag ein Indiz dafür sein, wohin der Plan tendieren könnte. Diplomaten in Washington sprechen von «Disempowerment», wenn es um die Zukunft der Palästinenser geht.

Wenn Aussenminister Pompeo nach seinem Treffen mit Jordaniens König Abdullah auf Twitter in verquaster Diplomatensprache schreibt, beide hätten ihr Bekenntnis erneuert, bei wichtigen regionalen Angelegenheiten Fortschritte anzustreben – dann dürfte es zuvorderst auch um die Situation von Israel und Palästinensern gegangen sein – und um die Rolle des Iran in dem Dauer-Krisenherd.

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