China hat mit der Vorlage eines neuen Sicherheitsgesetzes für Hongkong internationale Kritik und Sorge um die Autonomie der Sonderverwaltungszone ausgelöst.
Hongkongs Regierungschefin Lam
Hongkongs Regierungschefin Lam - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • EU ruft China zur Achtung von Hongkongs Autonomie auf.

Der am Freitag auf der Tagung des Nationalen Volkskongresses in Peking vorgestellte Entwurf soll jeglichen «Separatismus und Subversion» bestrafen und Aktivitäten verhindern, die «die nationale Sicherheit ernsthaft schädigen». Hongkonger Demokratie-Aktivisten und die US-Regierung sprachen von einem Todesurteil für die Demokratiebewegung. Die EU zeigte sich beunruhigt.

Durch das neue Gesetz soll nach Angaben der Führung in Peking die Umsetzung eines Hongkonger Verfassungsartikels gegen «Subversion» erreicht werden. Dieser sieht vor, dass die Sonderverwaltungszone mittels eigener Gesetze «Verrat, Spaltung, Aufwiegelung (und) Subversion» gegen die Regierung in Peking zu verhindern hat. Die entsprechenden Gesetze wurden aber wegen Widerstands in der Hongkonger Bevölkerung bislang nicht vom Hongkonger Parlament verabschiedet.

Angesichts der «antichinesischen» Bestrebungen in Hongkong müssten «starke Massnahmen ergriffen werden, um diese zu verhindern und zu bestrafen», sagte Wang Chen vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses zu dem Entwurf. «Unruhestifter» hätten bisher durch «Sabotage und Widersetzen» verhindert, dass die notwendigen Gesetze vorgelegt worden seien.

Der Nationale Volkskongress soll bereits am kommenden Donnerstag über das neue Gesetz abstimmen, das Hongkonger Parlament würde damit im Gesetzgebungsverfahren umgangen.

Hongkongs Peking-treue Regierungschefin Carrie Lam kündigte an, ihre Regierung werde bei dem Sicherheitsgesetz mit Peking «voll kooperieren». Das Vorhaben stehe nicht im Widerspruch zum Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» und zur weitgehenden Autonomie für Hongkong.

US-Aussenminister Mike Pompeo sprach hingegen von einem «Todesstoss für das hohe Mass an Autonomie, das Peking Hongkong versprochen hat». Er forderte China auf, «seinen katastrophalen Vorschlag zu überdenken». US-Präsident Donald Trump drohte mit einer «starken» Reaktion seiner Regierung.

Die Europäische Union rief China auf, «Hongkongs hohes Mass an Autonomie» zu bewahren. Für die EU sei die Wahrung dieses Prinzips von «grosser Bedeutung», erklärte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell nach Beratungen mit den 27 Mitgliedstaaten.

Auch Grossbritannien, Australien und Kanada äusserten sich «tief besorgt» über den Gesetzentwurf. Eine Umsetzung des Vorhabens ohne Beteiligung des Parlaments in Hongkong würde das Prinzip «Ein Land, zwei Systeme» untergraben, erklärten die Aussenminister der drei Länder in einer gemeinsamen Erklärung.

Vertreter der Hongkonger Demokratiebewegung reagierten entsetzt auf die Gesetzesinitiative Pekings. Es handele sich um die «grösste Atombombe», die die Kommunistische Partei Chinas bisher zur «Zerstörung Hongkongs» eingesetzt habe, sagte Jimmy Sha von der Bürgerlichen Menschenrechtsfront, die im vergangenen Jahr mit einer Demonstration mit einer Million Teilnehmern den Startschuss zu monatelangen Protesten und Unruhen gegeben hatte. Sham rief zu neuen Massenprotesten auf, weitere Aktivisten luden über das Internet und Chat-Apps zu einer Demonstration am kommenden Sonntag.

Demokratie-Aktivist Joshua Wong sprach von einem Versuch Chinas, kritische Stimmen in Hongkong «durch Gewalt und Angst» zum Schweigen zu bringen. Er rufe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Bundesregierung auf, «mit Hongkong zusammenzustehen und Stellung zu beziehen», sagte Wong der «Bild»-Zeitung. Das geplante neue Sicherheitsgesetz bedeute das Ende jeder Freiheit.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einer «lebensgefährlichen Bedrohung für den Rechtsstaat in Hongkong». An der Hongkonger Börse stürzten die Kurse um mehr als fünf Prozent ab.

Der Finanzmetropole war bei ihrer Übergabe an China durch Grossbritannien im Jahr 1997 unter der offiziellen Devise «Ein Land, zwei Systeme» für 50 Jahre ein Sonderstatus gewährt worden, der Bürgerrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit einschliesst.

Im vergangenen Jahr hatte es in Hongkong über sieben Monate hinweg Massendemonstrationen gegen den wachsenden Einfluss Pekings auf die Sonderverwaltungszone gegeben. Dabei kam es immer wieder zu gewalttätigen Konfrontationen zwischen Demonstranten und der Polizei.

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