Weil die Zahl der Abschiebungen steigen soll, nimmt die Union Flüchtlingshelfer ins Visier: CDU-Innenexperten fordern, Flüchtlingsräten die staatliche Unterstützung zu streichen.
Die Union will die Zahl der Abschiebungen erhöhen und nimmt deswegen nun Flüchtlingshelfer ins Visier
Die Union will die Zahl der Abschiebungen erhöhen und nimmt deswegen nun Flüchtlingshelfer ins Visier - dpa/AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Scharfe Kritik von Pro Asyl und Oppositionspolitikerinnen.
Ad

Sie werfen den Initiativen vor, dass sie bei der Verhinderung von Abschiebungen mithelfen. Die Organisation Pro Asyl sieht einen Angriff auf die «gesamte Beratungs- und Unterstützungsstruktur in Deutschland», Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke warf den CDU-Politikern Boshaftigkeit vor.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte im Februar einen Gesetzentwurf zur Erleichterung von Abschiebungen vorgelegt. In dem «Geordnete-Rückkehr-Gesetz» ist auch ein Passus vorgesehen, der die Weitergabe von Informationen über Abschiebungen unter Strafe stellen würde. Demnach müsste jemand, der ohne behördliche Erlaubnis einen ausreisepflichtigen Ausländer oder die Öffentlichkeit über geplante Abschiebungen informiert, mit bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe rechnen.

Der Staat betreibe einen «hohen Aufwand um sicherzustellen, dass Schutzbedürftige auch wirklich Schutz erhalten», sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), der «Welt» vom Donnerstag. Wenn das Fazit nach mehreren Prüfungsinstanzen dann aber laute, «dass jemand keine humanitäre Hilfe benötigt, muss diese Person unser Land auch wieder verlassen».

Daher sei es nicht hinnehmbar, wenn einzelne Flüchtlingsinitiativen den Rechtsstaat missachteten und zur Verhinderung von Abschiebungen beitrügen, kritisierte Middelberg. «Das gilt erst recht, wenn solche privaten Zusammenschlüsse Steuermittel unseres Gemeinwesens erhalten und dann gegen rechtskräftig getroffene Entscheidungen eben dieses Gemeinwesens agieren.» Wenn es «belastbare Belege» gebe, dass eine Initiative Abschiebungen be- oder verhindere, «muss die staatliche Unterstützung gestrichen werden», forderte Middelberg.

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) unterstützt dies. «Neben der Frage nach der Strafandrohung im Einzelfall aufgrund der Verhinderung von Abschiebungen müssen wir folglich auch die Frage stellen, ob wir Steuermittel dafür ausgeben wollen, wenn die Durchsetzung unserer Rechtsordnung behindert wird», sagte er der «Welt».

Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Heinrich Bedford-Strohm, kritisierte diese Pläne scharf. «Eine Kriminalisierung von Flüchtlingshelfern ist das letzte, was wir jetzt brauchen», sagte er den «Nürnberger Nachrichten» vom Donnerstag.

Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt kritisierte, der «Angriff aus der Union zielt auf die gesamte Beratungs- und Unterstützungsstruktur» in Deutschland. Angesichts der «katastrophalen Fehlentscheidungen» und der «hohen Quote» der vor Gericht korrigierten Bamf-Entscheidungen sei «dieses zivilgesellschaftliche Engagement oft lebenserhaltend».

Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke bezeichnete die Forderungen aus der CDU als «boshaft und geschmacklos». Offensichtlich sei sich die Union nicht zu schade, «rechte Hetze zu verbreiten, um der AfD ein paar Wähler abzujagen». Geflüchtete bräuchten zivilgesellschaftliche Beratungs- und Unterstützungsangebote - auch um sich «gegen die zahlreichen behördlichen Fehlentscheidungen» zur Wehr zu setzen.

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock warf der Union vor, Flüchtlingsräten das Geld entziehen zu wollen, «wenn sie das tun, was dieser Partei nicht passt». Das entspreche «nicht meinem Grundsatz von einer starken Zivilgesellschaft in einer starken Demokratie», sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Freitagsausgaben).

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

CDUAfDHorst Seehofer