Das britische Parlament hat mit einer Schweigeminute des ermordeten konservativen Abgeordneten David Amess gedacht.
Prinz Charles
Die politische Meinung von Prinz Charles ist im Parlament nicht gefragt. - PRU/AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Johnson: Demokratie gegen das «Böse» verteidigen.

«Wir werden niemals zulassen, dass diejenigen, die böse Taten begehen, über die Demokratie und das Parlament triumphieren, das Sir David Amess so viel bedeutet hat», sagte der britische Premierminister Boris Johnson am Montag vor den überwiegend in schwarz gekleideten Abgeordneten.

Amess war am Freitag während einer Bürgersprechstunde in seinem Wahlkreis von einem mutmasslichen Islamisten erstochen worden. Der Anschlag war der zweite Mord an einem britischen Politiker während eines Treffens mit Wählern innerhalb von fünf Jahren. 2016 war die Labour-Abgeordnete Jo Cox im Vorfeld des Brexit-Referendums von einem Rechtsextremen erstochen worden. Der Mord hatte das Augenmerk wieder auf das vergiftete politische Klima in Grossbritannien gelenkt, wo Straftaten gegen Parlamentarier seit dem Brexit-Votum deutlich zugenommen haben.

Vor der Gedenkzeremonie im Parlament hatten Amess' Witwe Julia und andere Familienmitglieder den Ort des Anschlags, eine Kirche in der Gemeinde Leigh-on-Sea östlich von London, besucht. Sie weinten, als sie die vielen Blumen sahen, die Trauernde seit der Bluttat dort niedergelegt hatten.

Am Sonntag hatte die Familie erklärt, dass sie über seinen Tod «zutiefst erschüttert» sei. Die Familie rief zudem zur Toleranz auf: «Lasst den Hass beiseite und arbeitet auf ein Miteinander hin.» Die Angehörigen betonten: «Unabhängig von der Rasse, der religiösen oder politischen Überzeugung sollte man tolerant sein und versuchen, einander zu verstehen».

Regierungssprecher Steffen Seibert brachte am Montag in Berlin die «Betroffenheit und Trauer» der Bundesregierung über den Anschlag zum Ausdruck. Er wies darauf hin, dass auch in Deutschland «Lokalpolitiker und andere immer häufiger bedrängt werden» bis hin zum «traurigen Tiefpunkt, dem Mord am Regierungspräsidenten Walter Lübke» durch einen Rechtsextremisten in der Nähe von Kassel 2019.

Seibert rief «alle Demokraten» auf, eine «klare Grenze» zu ziehen, «wie politische Auseinandersetzungen zu führen sind und wo inakzeptable Gewalt anfängt».

Der 25-jährige mutmassliche Mörder von Amess war unmittelbar nach der Tat von der Polizei festgenommen worden. Die Anti-Terror-Abteilung von Scotland Yard übernahm die Ermittlungen. Britische Medien identifizierten den Verdächtigen als Ali Harbi Ali, einen britischen Staatsbürger somalischer Abstammung. Sein Vater war demnach ein hochrangiger Berater der somalischen Regierung, sein Onkel ist Botschafter des ostafrikanischen Landes in China.

Ali soll Berichten zufolge früher ein Präventionsprogramm der Regierung gegen Radikalisierung besucht haben. Die Sicherheitsbehörden hatten ihn demnach aber nicht als potenziellen Gefährder auf dem Schirm. Er soll sich während des Corona-Lockdowns selbst radikalisiert haben. Das Motiv für den Mord an Amess blieb weiterhin unklar. Nach der Tat hatte Innenministerin Priti Patel angeordnet, die Sicherheitsvorkehrungen für Parlamentarier zu überprüfen und zu verschärfen.

Der Brexit-Befürworter und Tierschützer Amess hatte seit 1983 im britischen Unterhaus gesessen. Der 69-Jährige hatte sich in den Jahrzehnten im Parlament vehement für die Belange seiner Wähler eingesetzt. Wie Johnson am Montag verkündete, erfüllte Queen Elizabeth II. eines seiner Anliegen und sprach Southend, wozu die Gemeinde Leigh-on-Sea gehört, den offiziellen Stadtstatus zu. Amess hatte jahrelang darum gekämpft.

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