40 Fr. für Guetzli-Säckli: Warum Schweizer gern so viel ausgeben
Eine Zürcher Bäckerei bietet ein Säckli Weihnachtsguetzli für knapp 40 Franken an. Der stolze Preis der Guetzli erstaunt. Ein Wirtschaftspsychologe ordnet ein.

Das Wichtigste in Kürze
- 500 Gramm Mailänderli und Co. kosten beim Steiner Flughafebeck in Zürich knapp 40 Franken.
- Auch bei Fredy dä Beck in Schlieren ZH haben Weihnachtsguetzli ihren Preis.
- Mit den Preisen schrecken die Betriebe laut einem Wirtschaftspsychologen aber nicht ab.
Mailänderli, Zimtsterne und Spitzbuben haben in der Adventszeit Hochsaison. Selbst manche Backmuffel schwärmen, wie gut auch sie die beliebten Klassiker hinkriegen.
Doch: Das hält Bäckereien nicht davon ab, die gewöhnlichen Weihnachtsguetzli zu stolzen Preisen anzubieten.
Den Rekord hält der Steiner Flughafebeck mit Filialen am Flughafen Zürich und in der Stadt.
So müssen Kundinnen und Kunden dort für ein Säckli (500 Gramm) Weihnachtskonfekt knapp 40 Franken hinblättern. Enthalten sind darin Spitzbuben, Mailänderli, Zimtsterne, Biberli und Brunsli.
Kundin findet Guetzli-Preis zu hoch
Eine Zürcher Kundin staunte, als sie das Angebot sah. «Für solche normalen Guetzli sind knapp 40 Franken ein hoher Preis», sagt sie. «Diese Guetzli sind bestimmt nicht so viel besser als die Weihnachtsguetzli, die ich jeweils backe», vermutet sie.
Als sie sich vom Gegenteil überzeugen lassen wollte, reagierte sie enttäuscht. «Die Guetzli sind sehr fein. Aber nicht überragend – was sie bei diesem Preis aber sein müssten.»
Mit Verstand sollten Guetzli-Fans auch die Weihnachtsguetzli von Fredy dä Beck essen. Die Bäckerei aus Schlieren ZH bietet 250 Gramm für knapp 23 Franken an, 160 Gramm für knapp 20 Franken. Zu knabbern gibt es Mailänderli, Zimtsterne und Brunsli.
Coop hat eine ähnliche Guetzlimischung im Angebot: Mit mehr als der doppelten Menge, aber um die Hälfte günstiger. So kostet ein Sack (550 Gramm) mit Weihnachtsguetzli der Marke Kambly in Aktion knapp zehn Franken.
«Arbeiten ausschliesslich mit Premium-Zutaten»
Warum haben die Bäckereien so viel stolzere Preise für ihre Guetzli? Claudia Mülhaupt, Leiterin der Bäckerei Steiner Flughafebeck, erklärt, wie die 40 Franken pro Säckli zustande gekommen sind.
«Unser Konfekt wird vollständig in unserer Confiserie in Höngg nach traditionellen Handwerksstandards gefertigt», sagt sie zu Nau.ch.
Die Kosten setzten sich aus hochwertigen Rohstoffen, einer sorgfältigen manuellen Verarbeitung sowie zeitintensiven Herstellungsschritten zusammen.
Mülhaupt betont: «Wir arbeiten ausschliesslich mit Premium-Zutaten wie ausgewählten Nüssen, reiner Butter, hochwertiger Schokolade und naturbelassenen Aromen.»
Dabei handle es sich um Lebensmittelqualität, die über dem Standard gängiger Industrieprodukte liege. «Die Herstellung erfolgt von Hand und benötigt entsprechend Fachkompetenz und Arbeitszeit.»
Diese Faktoren führen laut Mülhaupt zu einem höheren Produktwert. «Und damit auch zu einem Preis, der die Qualität und den Aufwand widerspiegelt.»
Rohstoffpreise massiv gestiegen
Auch bei Fredy dä Beck hat Handarbeit ihren Preis.
«Unsere Weihnachtsguetzli werden vollständig von Hand hergestellt und einzeln von Hand ausgestochen, nicht maschinell», sagt Geschäftsleiterin Tina Hiestand.
Dieser handwerkliche Aufwand verursache naturgemäss höhere Produktionskosten und spiegle sich im Endpreis wider.
«Hinzu kommt, dass die Rohstoffpreise in den letzten Jahren massiv gestiegen sind», sagt Hiestand. Dies betreffe insbesondere Butter, Nüsse, hochwertige Schokolade sowie weitere Grundzutaten.
«Wir verwenden ausschliesslich qualitativ hochwertige Rohstoffe, was sich ebenfalls auf die Kosten auswirkt.»
Berner Beck ist günstiger – trotz Handarbeit
Günstiger ist das Weihnachtskonfekt in der Berner Bäckerei Reinhard. Dort kosten 200 Gramm knapp 15 Franken (500g wären 37.50) – obwohl auch diese nicht vom Fliessband kommen. «Sie sind handwerklich hergestellt aus lokalen Rohstoffen», sagt Geschäftsleiter Alexander Reinhard.
Unter welchen Umständen würde Reinhard die Guetzli-Preise nach oben schrauben?
Die Beurteilung, was ein Guetzli bieten sollte und welcher Preis dafür gerechtfertigt sei, überliesse die Bäckerei den Konsumenten, sagt er. «Wir haben für unser Angebot den berechtigten Anspruch, Guetzli in bester handwerklicher Qualität anzubieten.»
Personalkosten sind wichtiger Teil vom Preis
Gestiegene Rohstoff- und Energiepreise haben laut Alexander Reinhard einen geringeren Einfluss auf die Preis-Kalkulation als steigende Personalkosten aufgrund von Lohnerhöhungen.
Innerhalb des gesamten Wertschöpfungsprozesses tragen die Rohstoffpreise rund einen Viertel zum kalkulierten Preis über das ganze Sortiment bei.
«Und die Personalkosten rund die Hälfte.» Die restlichen Kosten teilten sich auf in Mieten, Energie und weitere Kosten.
Guetzli sind «emotionales Genussmittel»
Wie oft die 40-fränkigen Guetzli über die Ladentheke gehen, beantwortet der Steiner Flughafenbeck nicht. Claudia Mülhaupt lässt lediglich verlauten, dass ihr Weihnachtsgeschäft «in vollem Gange» sei.
Mehr verrät Tina Hiestand. Die Weihnachtsguetzli für 30 Franken respektive 20 Franken verkaufen sich laut ihren Angaben «sehr gut». Bei ihrer Kundschaft seien sie «ausgesprochen beliebt».

Tatsächlich liegt die Schmerzgrenze der Konsumentinnen und Konsumenten bei den Guetzli-Preisen in der Weihnachtszeit hoch.
Weihnachtsguetzli seien keine alltägliche Nahrung, sondern ein emotionales Genussmittel, sagt Wirtschaftspsychologe Christian Fichter zu Nau.ch.
In der Adventszeit kauften Menschen nicht nur ein Gebäck, sondern ein Gefühl. «Kindheit, Wärme, Handwerk, ein kleines Stück Weihnachtsstimmung zum Mitnehmen.» Genau diese emotionale Aufladung erklärt, warum der Preis viel weniger rational bewertet werde.
Grenze verschiebt sich in Weihnachtszeit nach oben
Die Schmerzgrenze liegt laut dem Wirtschaftspsychologen dort, wo der Konsument den Eindruck verliert, für echtes Handwerk zu bezahlen. «Und das Gefühl bekommt, er zahle nur noch für Margenoptimierung.»
Je nach Einkommen dürfte diese Schwelle grob zwischen 60 und 80 Franken pro Kilo liegen, so Fichter. «Aber in der Weihnachtszeit verschiebt sich diese Grenze nach oben.» Menschen seien belohnungsorientierter, impulsiver und weniger preissensibel.
Wer sich etwas gönnt, rechnet laut Fichter nicht grammgenau nach. «Der Preis dient hier eher als Eintritt in eine festliche Stimmung denn als Gegenwert für Mehl und Zucker.»
«Tieferer Preis würde eher irritieren»
Der Steiner Flughafenbeck und Fredy dä Beck sind keine Anbieter im Luxussegment wie etwa die Confiserie Sprüngli. Dort kosten 120 Gramm Mailänderli rund zehn Franken (500 g über 41 Franken).
Dennoch sagt Christian Fichter: «Auch Bäckereien, die nicht zu den klassischen Confiserien gehören, können solche Preise verlangen.»
Diese verkauften nicht Luxus, sondern Verlässlichkeit und Nähe, sagt Fichter. Der Kunde kenne den Laden, vertraue der Qualität und akzeptiere, dass Schweizer Löhne, Nachtarbeit und Frische eben einen Preis hätten. «Diese Betriebe schrecken damit nicht ab – sie signalisieren Qualität.»
Ein tieferer Preis würde laut dem Wirtschaftspsychologen eher irritieren. «Wenn es so günstig ist, kann es ja nicht viel sein, würden die Konsumenten denken.» Bei saisonalen Genussmitteln funktioniere dieses psychologische Prinzip besonders stark.



















