Nordirland geniesst nach dem Brexit weiterhin einen Sonderstatus. Das Nordirland-Protokoll führt jedoch zu Spannungen zwischen London und Brüssel.
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An einer Mauer in Londonderry steht «No Irish Sea Border» («Keine Grenze in der Irischen See»). Foto: Larissa Schwedes/dpa - sda - Keystone/dpa/Larissa Schwedes
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Streit zwischen London und Brüssel könnte eskalieren.
  • Dabei geht es um das Nordirland-Protokoll des Brexit-Vertrags.
  • Laut Experten wäre gar eine Kündigung des Freihandelsabkommens möglich.

Der Streit zwischen London und Brüssel über den Sonderstatus der britischen Provinz Nordirland könnte eskalieren. Dies befürchten Rechts- und Handelsexperten.

Die jüngsten Forderungen der Regierung in London zur Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) seien praktisch nicht zu erfüllen. Dabei wird Bezug zum sogenannten Nordirland-Protokoll des Brexit-Vertrags genommen. Dies machte Holger Hestermeyer, Professor für Internationales Recht und Europarecht am King's College London, deutlich.

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Der britische Premierminister Boris Johnson war ein Brexit-Treiber. - dpa

Gemäss Experte habe die EU «hier rechtlich kaum Verhandlungsspielraum», was beiden Seiten bekannt sei.

Der britische Brexit-Minister David Frost wollte noch am Dienstag bei einer Rede in Lissabon die Position Londons vorstellen. Genau einen Tag, bevor die EU am Mittwoch ihrerseits Lösungsvorschläge präsentieren will.

Mögliche Kündigung des Freihandelsabkommens zwischen London und Brüssel

Frost hatte die erwarteten Zugeständnisse der Europäischen Kommission bereits im Vorfeld als nicht ausreichend bezeichnet. Dabei wurde gefordert, dass der EuGH keine Rolle mehr spielen dürfe. Spekuliert wird daher, London könne es auf einen Zusammenbruch der Vereinbarung angelegt haben. Die Reaktion Brüssels darauf könnte nach Ansicht Hestermeyers und anderer Experten drastisch ausfallen: mit einer Kündigung des Freihandelsabkommens zwischen London und Brüssel.

Mit dem Nordirland-Protokoll gelang während der Austrittsverhandlungen der Durchbruch im Streit um die frühere Bürgerkriegsregion. Das Abkommen sieht vor, dass die Provinz weiterhin den Regeln von EU-Binnenmarkt und Zollunion folgt.

Europäischer Gerichtshof
Die Forderungen der Regierung in London zur Rolle des EuGH seien nicht zu erfüllen. Dies macht Holger Hestermeyer deutlich. - Wikimedia

Damit soll eine harte Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland verhindert werden. Notwendig werden dadurch aber Kontrollen zwischen dem Rest des Vereinigten Königreichs und Nordirland. Das sorgt für Schwierigkeiten im innerbritischen Handel.

Premierminister Boris Johnson hatte das Nordirland-Protokoll zunächst als grossartigen Erfolg gefeiert. Mit der Einigung wurde der Weg frei für das Brexit-Abkommen und ein gefürchteter No-Deal-Brexit verhindert. Inzwischen klagt die Regierung in London aber immer mehr über die Konsequenzen des Protokolls und will nachverhandeln.

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