Nach dem Beschluss der umstrittenen Wahlrechtsreform im Bundestag fordert Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) weitere Änderungen.
Bundestagssitzung
Bundestagssitzung - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Kritik aus der Union - Experten ziehen gerade beschlossene Reform in Zweifel.

Unter anderem solle für Geschlechterparität im Bundestag gesorgt werden, sagte Bas den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Unionsfraktion will davon allerdings nichts wissen. Die am Freitag verabschiedete Wahlrechtsreform stösst derweil bei Experten auf Skepsis.

«Mein persönlicher Wunsch ist es, in dieser Wahlperiode noch ein Paket zum Wahlrecht zu schnüren», sagte Bas den Funke-Zeitungen. Darin könnten «neben der Parität im Bundestag das Wahlrecht ab 16 und eine Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre enthalten sein», erläuterte die Parlamentspräsidentin.

Bas verwies auf den aktuellen Frauenanteil im Bundestag von knapp 35 Prozent. «Wir müssen einen verfassungskonformen Weg finden, wie wir die 50:50 mindestens bei der Kandidatenaufstellung durch die Parteien erreichen.» Sie hoffe, «dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode auch dazu eine Entscheidung treffen».

Die von Bas angesprochenen Themen werden in der vom Bundestag eingesetzten Wahlrechtskommission diskutiert. Deren Abschlussbericht ist Ende Juni fällig.

Die Frage der Parität gilt als rechtlich komplex. In Thüringen und Brandenburg hatten vor einigen Jahren die Landesparlamente beschlossen, dass Listen für die Landtagswahlen abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt werden müssen – beide Gesetze scheiterten vor den Landesverfassungsgerichten.

Darauf nahm der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), bei seiner Erwiderung auf Bas Bezug. In den Funke-Zeitungen vom Sonntag nannte er ihre Aussagen «hochgradig irritierend». «Bei der Wahlrechtsreform schaute Frau Bas zunächst stillschweigend zu, wie die Ampelkoalition ihre umstrittenen Forderungen mit aller Macht durchdrückte, und nun kommt sie mit Vorschlägen um die Ecke, die bereits von zwei Landesverfassungsgerichten abgelehnt wurden.»

Die Union lehnt – ebenso wie die Linke – die am Freitag verabschiedete Wahlrechtsreform ab. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder forderte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf, das Projekt zu stoppen. «Wir appellieren an den Bundespräsidenten, dass er dieses offensichtlich verfassungswidrige Gesetz nicht unterschreibt», sagte er der «Bild am Sonntag». Der CSU-Vorstand beschloss am Samstag einstimmig, dass gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde eingelegt werden soll, wie aus Parteikreisen verlautete.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sieht allerdings auch Versäumnisse der Union: «Die CDU und insbesondere die CSU» wären seiner Meinung nach «besser beraten gewesen, wenn sie in der vergangenen Legislaturperiode eine weitreichende Wahlrechtsreform umgesetzt hätten», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Die am Freitag beschlossene Reform legt die Grösse des Bundestags auf 630 Abgeordnete fest. Da die Zweitstimme mehr Gewicht erhält, kann es passieren, dass Wahlkreisgewinner nicht ins Parlament einziehen. Gekippt wurde zudem die Grundmandatsklausel. Diese lässt eine Partei auch mit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen in Fraktionsstärke ins Parlament einziehen, sofern sie mindestens drei Direktmandate gewinnt.

Experten halten Teile der Reform für problematisch. «Es darf nicht sein, dass eine Partei, die 45 Wahlkreise gewinnt, nicht in den Bundestag einzieht», sagte der Politikwissenschaftler Professor Jürgen Falter der «Bild»-Zeitung mit Blick auf ein Szenario für die CSU. «Die Streichung der Grundmandatsklausel ist ein Riesen-Problem für die Demokratie», sagte der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Nessler der Zeitung.

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