Bundesaussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat ihre Vorstellungen für eine feministische Ausrichtung der Aussenpolitik vorgestellt.
Baerbock
Baerbock bei ihrer Rede vor der UN-Generalversammlung. - AFP/Archiv

«Wir rufen heute nicht eine Revolution aus, sondern wir tun eine Selbstverständlichkeit – dafür sorgen, dass wir mit unserer Politik alle Menschen erreichen», sagte Baerbock am Mittwoch nach einer Sitzung des Bundeskabinetts in Berlin. Die feministische Ausrichtung werde sich «durch alle Bereiche der Aussenpolitik ziehen», sagte Baerbock und nannte als Beispiele Friedensmissionen, Krisendiplomatie, humanitäre Hilfe und auswärtige Kulturpolitik.

Dabei gehe es im Kern um die drei «R», sagte Baerbock – um die Rechte von Frauen, um Ressourcen für Frauen und Frauenförderung sowie um die Repräsentanz von Frauen. Baerbocks Ministerium führte das Konzept auf 88 Seiten aus. Es formuliert zehn Leitlinien, die sowohl das Wirken des Ministeriums nach aussen als auch die innere Struktur betreffen.

Die Leitlinien gelten für die Arbeit des Auswärtigen Amts, nicht jedoch für die der gesamten Bundesregierung. Gemeinsam mit Baerbock stellte am Mittwoch auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) Leitlinien für eine feministische Entwicklungspolitik vor.

Baerbock dämpfte die Erwartungen an die Wirksamkeit der neuen Leitlinien. «Feminismus ist kein Zauberstab, wir sind nicht naiv», sagte sie. «Wir werden nicht alle Probleme lösen können, aber wir werden genauer hinschauen.» Ihr gehe es dabei um einen «Realfeminismus».

Konkrete Auswirkungen könnten die Leitlinien auf die Verwendung der finanziellen Mittel des Ministeriums haben. Bis 2025 sollten 85 Prozent der Projektmittel «gendersensibel» ausgegeben werden – das bedeutet, vor Verwendung der Mittel muss ausdrücklich ein Augenmerk darauf gelegt werden, wie Frauen davon profitieren. Weitere acht Prozent sollten «gendertransformativ» ausgegeben werde. Das heisst, die Mittel sollen aktiv zu Gleichstellung beitragen.

Weitere Leitlinien des Konzepts betreffen etwa die Integration der Perspektiven von Frauen und marginalisierten Gruppen in der weltweiten Arbeit des Amts für Frieden und Sicherheit, das Engagement für eine grössere Teilhabe von Frauen und marginalisierten Gruppen in Friedensprozessen und der Kampf gegen sexualisierte und geschlechtsspezifsche Gewalt in bewaffneten Konflikten.

Im Auswärtigen Amts sollen mehr Frauen in Führungspositionen kommen. Derzeit sind laut Baerbock nur 26 Prozent der Botschafterposten mit Frauen besetzt. «Da ist noch Luft nach oben», sagte Baerbock. Besonders gefördert werden sollen im Auswärtigen Amt Chancengleichheit, ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld, flexibles Arbeiten und die Förderung von Vielfalt.

In dem Konzept aus Baerbocks Ministerium wird feministische Aussenpolitik wie folgt definiert: «Feministische Aussenpolitik heisst, dass wir besondere Verletzlichkeiten nicht nur sehen, sondern sie gezielt angehen, auch in unserer Projektförderung oder der humanitären Hilfe.»

«Frauenrechte sind ein Gradmesser für den Zustand unserer Gesellschaften», heisst es in dem Konzept weiter. «Wo alle Menschen gleiche Chancen und Rechte haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, profitieren alle. Gesellschaften, in denen Gleichstellung verwirklicht oder zumindest angestrebt ist, sind friedlicher, gerechter, nachhaltiger und wirtschaftlich erfolgreicher als solche, die Frauen und andere von der Teilhabe ausschliessen.»

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