Baerbock muss in geheime Abstimmung um UN-Spitzenposten
Die ehemalige deutsche Aussenministerin Baerbock kandidiert ohne Gegenkandidaten für die UN-Spitzenposition, muss sich aber einer geheimen Abstimmung stellen.

Die ehemalige deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock muss sich bei der Wahl zur Präsidentin der UN-Generalversammlung auf Antrag eines Mitgliedsstaates einer geheimen Abstimmung stellen.
Dies bestätigte eine UN-Sprecherin der Nachrichtenagentur DPA in New York. Aus Diplomatenkreisen verlautete, dass es sich bei dem Land um Russland handele.
Wahl ist Formsache – eigentlich
Baerbock tritt bei der Wahl ab 16 Uhr MEZ ohne Gegenkandidaten für die einjährige Spitzenposition des grössten UN-Gremiums mit 193 Mitgliedsländern an. Die Wahl im Plenum vor 193 UN-Mitgliedsländern gilt deshalb als Formsache – eigentlich: Normalerweise besiegelt die Vollversammlung Personalien ohne Gegenkandidaten per Akklamation, also im Konsens und ohne formelle Wahl.
Nun wird es zu einer Abstimmung mit Stimmzetteln kommen, auf denen nur Baerbocks Name steht. Ihr Name kann angekreuzt werden, es ist aber auch eine Enthaltung möglich oder das Hinzufügen eines weiteren Namens. Baerbocks Wahl, bei der eine einfache Mehrheit benötigt wird, gilt trotzdem als sicher.
Russland hatte in den vergangenen Wochen kein Hehl daraus gemacht, dass es Baerbock für eine ungeeignete Kandidatin hält und ihr «eklatante Voreingenommenheit» unterstellt. Baerbock war als deutsche Aussenministerin gegenüber Russland im Zuge der russischen Invasion in die Ukraine einen harten Kurs gefahren und damit immer wieder ins Visier Moskaus geraten.
Ursprünglich war für das Amt der Präsidentin der UN-Generalversammlung die deutsche Top-Diplomatin Helga Schmid vorgesehen, die auch von Russland akzeptiert war. Baerbock wurde für ihre späte Kandidatur nach der verlorenen Bundestagswahl in Deutschland kritisiert.
Hohes Amt mit wenig Macht
Der Spitzenposition wird in erster Linie protokollarische Bedeutung beigemessen – sie ist nicht mit der Rolle von UN-Generalsekretär António Guterres zu verwechseln. Die offizielle Amtseinführung wäre am 9. September kurz vor der Generaldebatte der UN-Vollversammlung mit Staatsgästen aus aller Welt.
Als Präsidentin würde Baerbock die Sitzungen der Generalversammlung leiten sowie Abläufe und Tagesordnungspunkte festlegen. Mit diesen Aufgaben könnte die 44-Jährige zumindest begrenzten Einfluss auf Entscheidungsprozesse hinter den Kulissen nehmen, zum Beispiel den der Wahl des nächsten Generalsekretärs im kommenden Jahr. Dabei dürfte Baerbocks direkter Draht zu Aussenministern weltweit – also den Chefs der UN-Botschafter in New York – helfen.
Gegenüber der Vollversammlung gilt der 15-köpfige UN-Sicherheitsrat mit den fünf Vetomächten dagegen als deutlich mächtiger. Er kann völkerrechtlich bindende Resolutionen erlassen. Die politischen Entscheidungen der Generalversammlung dagegen haben oft einen eher symbolischen Wert und gelten als weltweites Stimmungsbild.