Antisemitismusbeauftragter fordert einheitlichen Schutz jüdischer Einrichtungen
Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, fordert nach dem Anschlag von Halle einheitliche Sicherheitskonzepte für jüdische Einrichtungen.

Das Wichtigste in Kürze
- Klein: Polizei muss mehr über Judentum wissen.
«Der Staat tut zu wenig», sagte er dem «Mannheimer Morgen» vom Samstag. «Wir müssen sofort handeln.» Die Ministerpräsidenten von Hessen und Niedersachsen, Volker Bouffier (CDU) und Stephan Weil (SPD), verlangten von der gesamten Gesellschaft mehr Einsatz gegen Rechtsextremismus.
«Wir müssen in Deutschland einheitliche Sicherheitsstandards für jüdische Einrichtungen haben», sagte Klein dem «Mannheimer Morgen». Ausserdem bräuchten die Sicherheitsbehörden «Kenntnisse über jüdische Bräuche und Feiertage, um entsprechend vorbereitet zu sein».
So herrsche etwa am jüdischen Feiertag Jom Kippur in einer vollbesetzten Synagoge eine «höhere Gefährdungslage», sagte Klein. Dies sei in Halle «fatalerweise falsch eingeschätzt» worden.
Das Landesinnenministerium in Sachsen-Anhalt wies Kritik am Sicherheitskonzept für die Synagoge in Halle zurück. «Weder polizeilich, noch mangels entsprechender Hinweise aus der Jüdischen Gemeinde wurde das Erfordernis einer polizeilichen Begleitung des Gottesdienstes an Jom Kippur gesehen», erklärte das Ministerium am Freitagabend.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sprach sich in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» dafür aus, in den Schulen «intensiv» zu besprechen, «auf welchem geschichtlichen und geistigen Fundament» die Gesellschaft in Deutschland stehe. «Das jüdische Leben zu schützen, leitet sich direkt daraus ab.»
Hessens Ministerpräsident Bouffier forderte in der «Rheinischen Post» eine Ächtung «von rechtsextremer Gewalt und Hass im Netz. Dies sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe».
Der niedersächsische Regierungschef Weil sagte der Zeitung: «Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Bewegung gegen alles, was die Hemmschwelle zur Gewalt senkt.» Hass, Gewaltaufrufe und Verunglimpfungen im Netz müssten geächtet werden, «denn den Worten folgen Taten».
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. «Die AfD beschreitet einen Weg, der geradezu Nährboden ist für rechtsradikale Umtriebe», begründete er dies in der «Passauer Neuen Presse».
Laut einer Forsa-Umfrage für die Sender RTL und n-tv sehen auch viele Bürger hier einen Zusammenhang. 90 Prozent der Befragten ohne AfD-Präferenz stimmten der Aussage zu, dass die Partei «durch ihr Auftreten und ihre Wortwahl rechtsextremen Gewalttaten einen geistigen Nährboden bereitet», wie die Sender am Samstag mitteilten. Unter den befragten AfD-Anhängern stimmte demnach niemand dieser Aussage zu. An der Erhebung nahmen am Donnerstag und Freitag 1004 Menschen teil.
Die Ermittlungen zum Anschlag liegen inzwischen in den Händen des Bundeskriminalamts (BKA). Wie die Behörde am Freitagabend mitteilte, wurde sie «aufgrund der besonderen Bedeutung des Vorfalls» vom Generalbundesanwalt damit beauftragt. Mehr als 150 Einsatzkräfte hätten die Ermittlungen von der Polizeiinspektion Halle übernommen. Es gehe unter anderem um die Frage, ob «weitere Personen in die Tat oder deren Vorbereitung eingebunden waren».
In Halle hatte am Mittwoch während der Jom-Kippur-Feierlichkeiten ein Rechtsextremist die Synagoge angegriffen. Nachdem es ihm nicht gelang, in das Gotteshaus einzudringen, erschoss er den Ermittlungen zufolge eine Frau und einen Mann auf offener Strasse und verletzte zwei weitere Menschen schwer. Der 27-Jährige sitzt in Untersuchungshaft und hat die Tat gestanden.