Türkische Intellektuelle Ahmet Altan und Nazli Ilicak unter Auflagen freigelassen
Der türkische Schriftsteller Ahmet Altan und die Journalistin Nazli Ilicak sind unter Auflagen aus dem Gefängnis entlassen worden.

Das Wichtigste in Kürze
- Altan erhält diesjährigen Geschwister-Scholl-Preis.
Die beiden verliessen das Gefängnis am Montagabend, wie die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Den prominenten Intellektuellen war die «Unterstützung einer Terrorgruppe» vorgeworfen worden.
Zahlreiche Familienmitglieder und Unterstützer nahmen Altan und Ilicak nach ihrer Freilassung in Empfang. Altan sagte vor Journalisten, es habe «von Anfang an» keine Beweise gegeben. Altan und Ilicak war die Unterstützung des Putschversuchs des Jahres 2016 vorgeworfen worden.
Laut Anadolu hatte ein Gericht Altan zwar zuvor zu zehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, zugleich aber seine Freilassung unter Auflagen angeordnet, da er schon mehr als drei Jahre im Gefängnis sass. Die Journalistin Ilicak war demnach zu acht Jahren und neun Monaten verurteilt worden, hatte aber ebenfalls schon mehr als drei Jahre im Gefängnis verbracht. Beide dürfen die Türkei gemäss dem Gerichtsurteil nicht verlassen.
Altan und Ilicak waren ursprünglich 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil sie Mitglieder der verbotenen Gülen-Bewegung gewesen sein sollen. Im Juli sprach das Oberste Berufungsgericht der Türkei beide Autoren frei.
Der Kassationshof erklärte, Altan und Ilicak hätten nicht für Verstösse gegen die Verfassung verurteilt werden dürfen, sondern sollten sich wegen ihrer «absichtlichen und bereitwilligen» Hilfe für die Gülen-Bewegung vor Gericht verantworten. Auf Grundlage dieses Anklagepunktes wurden Altan und Ilicak am Montag schliesslich verurteilt. Altans Bruder Mehmet, der ebenfalls als Journalist arbeitet, wurde freigesprochen, nachdem das Kassationsgericht ihn für unschuldig erklärt hatte.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft der Gülen-Bewegung vor, hinter dem Putschversuch 2016 zu stecken. Der Kopf der Gruppe, Fethullah Gülen, weist die Vorwürfe zurück. Auch Altan und Ilicak wiesen den Vorwurf einer Beteiligung an dem gescheiterten Putschversuch vehement zurück. Vor Gericht hatte Altan laut türkischen Medienberichten gesagt: «Wenn Sie mich im Gefängnis behalten wollen, tun Sie das, solange Sie wollen. Ich habe keine Angst.»
Anfang Oktober war bekannt geworden, dass Ahmet Altan den diesjährigen Geschwister-Scholl-Preis erhält. Die Stadt München und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Bayern würdigten den früheren Chefredakteur der Zeitung «Taraf» bei der Bekanntgabe der Entscheidung als «kritischen Kommentator des Geschehens in der Türkei», der für alle spreche, «die für die Wahrheit eintreten und die Freiheit verteidigen».
Der 69-Jährige wird ausgezeichnet für sein Buch «Ich werde die Welt nie wiedersehen», in dem er von seinen Erfahrungen im Gefängnis und vor Gericht erzählt. Die Jury schrieb zu Altans Buch, es sei ein «Dokument des Widerstehens und der geistigen Unabhängigkeit», das ruhig und klar zeige, «wie es im Augenblick um die Türkei bestellt ist». Die Preisverleihung findet während des Literaturfestivals München am 25. November statt.