Vor dem fünften Öffnungsschritt lobbyieren Detailhändler und Kunden gegen die Maskenpflicht. Dies sorgt aber auch für Unverständnis.
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Eine Familie beim Einkaufen in der Migros-Filiale «Hertizentrum» in Zug. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Diverse Detailhändler sprechen sich gegen die Maskenpflicht in Läden aus.
  • Dies führt gar zu Boykott-Aufrufen gegen Migros und Co.
  • Doch auch die Befürworter sehen sich Kritik ausgesetzt.

Vor zehn Tagen hat der Bundesrat die Auslegeordnung präsentiert: Sinken die Fallzahlen weiter, sollen diverse Lockerungsschritte erfolgen. Profitieren sollen unter anderem Restaurants und Sporteinrichtungen, dank Zertifikat sollen auch grössere Veranstaltungen wieder möglich werden. Im Freien soll die Maskenpflicht aufgehoben werden, aber nicht in Läden.

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Gesundheitsminister Alain Berset spricht während einer Medienkonferenz über die neusten Entscheide des Bundesrats zur Coronavirus-Pandemie, am Freitag, 11. Juni 2021, in Bern. - Keystone

Das sorgt für Ärger bei – und unter – den Detailhändlern, die sich offenbar alles andere als einig sind. Während die einen eine Abkehr von der Maskenpflicht fordern, halten sich andere bedeckt oder fallen ihrem Branchenverband in den Rücken. Bei den Kunden gehen derweil bei diesem emotionalen Thema die Wogen hoch.

Klare Forderung an Bundesrat

So haben Detailhändler in einem Brief an den Bundesrat das Ende der Maskenpflicht spätestens ab der Normalisierungsphase gefordert. Die im Branchenverband Swiss Retail Federation organisierten Läden halten die Pläne des Bundesrats für nicht nachvollziehbar und kontraproduktiv. Dieser will in Läden die Maskenpflicht über den ganzen Sommer hinweg aufrechterhalten.

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Die Swiss Retail Federation um Präsidentin Christa Markwalder plädiert für eine Aufhebung der Maskenpflicht in Einkaufsgeschäften. - Keystone

Die Swiss Retail Federation vertritt sowohl kleine wie grosse Läden mit insgesamt 23 Milliarden Umsatz. Dazu gehören Schuh-, Sport- und Mode-Ketten wie Dosenbach oder Jelmoli, aber auch Baumärkte wie Hornbach und Jumbo. Nicht dabei sind die beiden Grossverteiler, doch nun hat sich Migros mit den Kollegen von Aldi, Spar oder Volg solidarisiert. «Die Zeit ist gekommen», die Masken sollen auch bei der Generation M fallen.

Coop standhaft, Ikea mit Maskenfall-Rückzieher

Vom Lobbyieren gegen die Maskenpflicht nimmt dagegen Coop Abstand. Man halte sich an die geltenden Vorgaben, so die gutschweizerisch neutrale Auskunft.

Gar ein Dementi erfolgte vom Möbelhaus Ikea: «Ikea fordert das keinesfalls!», heisst es in einem entrüsteten Tweet, der die Kunden aber etwas irritiert. Einerseits bleiben die Schweiz-Schweden damit ihrer Linie treu, hat Ikea doch die Maskenpflicht in der Vergangenheit rigoros durchgesetzt.

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Ikea-Mitarbeiter begrüssen die Kunden, anlässlich der Wiedereröffnung der Ikea in Spreitenbach am 11. Mai 2020. Diese Woche distanzierte sich Ikea Schweiz von Forderungen bezüglich der Maskenpflicht. - Keystone / Screenshot Twitter

Andererseits distanzierte sich die Schweizer Tochter des multinationalen Konzerns damit vom eigenen Verband. Denn Ikea ist prominentes Mitglied der Swiss Retail Federation, sitzt gar im Verbands-Vorstand. Haben etwa ausgerechnet Nordländer kalte Füsse bekommen?

Reaktionen der Kunden lassen nicht auf sich warten

Die Druckversuche des Detailhandels inklusive Migros sorgen derweil bei den maskentragenden Kunden für emotionale Reaktionen. Nau.ch-Leser loben in der Mehrheit das Drängen der Läden, oft aber weniger aus epidemiologischen als aus grundsätzlichen Überlegungen. Die Maske ist verpönt oder war es schon immer, egal ob nun beim Einkaufen, Pendeln oder privaten Anlässen.

Migros Maskenpflicht
Die Forderung der Migros und anderer Detaillisten, die Maskenpflicht aufzuheben, sorgt für emotionale Reaktionen in beide Richtungen. - Screenshot Twitter

Andererseits wird klar, warum sich Ikea oder Coop eher nicht zum Fenster hinauslehnen wollen, betrachtet man die Reaktionen zu Migros. Zwar gibt es auch in den sozialen Medien Zustimmung für die klare Haltung zur Maskenpflicht. Doch von der kann sich die Migros nichts kaufen. Hingegen drohen diverse Stammkunden damit, vom Migros- zum Coop-Kind zu werden.

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Einige Kunden bemühen das Klischee des Migros-Kinds und drohen, nur noch beim Konkurrenten Coop einzukaufen. - Screenshot Twitter

Viele halten die Abschaffung der Maskenpflicht für übereilt und empfinden sie als erträgliches Übel im Vergleich zu den gesundheitlichen Gefahren. Entsetzt ist auch die ehemals im Genfer Universitätsspital tätige Ärztin Irene Tosetti, die ebenfalls empfiehlt, Maskenmuffel-Läden zu boykottieren. Die Klarstellung von Ikea hält sie entweder für ein Märchen oder dann für «hoffnungslos dumm».

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