Das humanitäre Völkerrecht schützt Menschenrechte in Kriegen. Der Bundesrat zieht in einem freiwilligen Bericht Bilanz über die Umsetzung durch die Schweizer.
Waffenexporte Krieg Jemen
Kämpfer mit Waffen im Jemen. (Symbolbild) - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am vergangenen Mittwoch veröffentlichte der Bundesrat einen freiwilligen Bericht.
  • Dieser legt die schweizerische Umsetzung des humanitären Völkerrechts (HVR) dar.
  • Laut Amnesty International lassen sich Widersprüche in Bezug auf Waffenexporte finden.

Die Schweiz hat die Einhaltung, Stärkung und Förderung des humanitären Völkerrechts (HVR) in ihrer DNA, schreibt der Bundesrat. Deswegen sei dies auch eine Priorität des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bei seiner Aussenpolitik.

Das HVR hat zum Ziel, Folgen von Kriegen einzuschränken, sowie Personen und Objekte während bewaffneten Konflikten zu schützen. Der Bericht, wie dies durch die Schweiz umgesetzt wird, erschien am Mittwoch vor einer Woche.

Cassis UNO
Für Bundesrat Ignazio Cassis sind Waffenexporte nicht in Konflikt mit dem humanitären Völkerrecht. - Keystone

In einem Interview mit CH-Media sagte Bundesrat Ignazio Cassis, zuständig für das EDA, zu den Erkenntnissen des Berichtes: «Die Schweiz ist nicht schlecht dran». Es gäbe aber Aspekte, die man verbessern könnte.

Der 34-seitige, freiwillige Bericht soll andere Staaten ermutigen, ähnliche Dokumente zu verfassen. Im Bericht wird auch die Rechtslage zum internationalen Waffenhandel geschildert; schweizerische Waffenexporte hatten jüngst für Kritik gesorgt.

Waffenexporte im Widerspruch zum Völkerrecht?

Im Interview sagte Ignazio Cassis, man müsse gemäss Verfassung die Sicherheit des Landes gewährleisten, deswegen gebe es auch eine Rüstungsindustrie. Gleichzeitig wünsche man sich aber auch, dass sich die Exporte mit «unseren internationalen Verpflichtungen und der Neutralität» vertragen.

Demo Waffenexporte
Demo gegen die Ausfuhr von Waffenmaterial, am Dienstag, 30. Oktober 2018, in Bern. - Keystone

Kriegsmaterial soll nicht exportiert werden, wenn dieses «bei der Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen» verwendet wird. Auch Kenntnis oder Verdacht von einem «überwiegendem» Risiko hierfür sollen eine Ausfuhr verbieten.

Dies ist im Arms Trade Treaty (ATT) niedergeschrieben, welcher den internationalen Waffenhandel reguliert. Das ATT soll «international und regional zu Frieden, Sicherheit und Stabilität» beitragen, wie im Bundesrats-Bericht steht. Es wurde im Jahr 2015 von der Schweiz anerkannt.

Amnesty International kontert

«Die Schweiz liefert weiterhin Waffen an Staaten, die sich in einem bewaffneten Konflikt befinden». Das sagt Amnesty International Schweiz-Sprecher Beat Gerber zu Nau.ch. Geliefert würde auch an Staaten, welche Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen.

Beat Gerber Amnesty International
Beat Gerber, Mediensprecher von Amnesty International Schweiz. - Amnesty International Schweiz

Beispielsweise wurden Handgranaten der Rüstungsfirma Ruag im Jemen-Konflikt von einer radikal-islamischen Miliz eingesetzt. Die Waffen entstammen aus einer Lieferung an die Vereinigten Arabischen Emirate. Das wurde in einer Reportage der «Deutschen Welle» aufgezeigt.

Die Schweiz habe sich zwar auf internationaler Ebene für «ein mög­lichst starkes Abkommen zur Kontrolle des Waffenhandels ein­gesetzt», so Gerber. Im April 2016 lockerte sie dann aber das einjährige Exportmoratorium für den Nahen Osten. Ein Widerspruch, findet der Mediensprecher von Amnesty.

Waffenexporte auf Erfolgskurs

Andere Kunden der schweizerischen Waffenproduzenten waren letztes Jahr zum Beispiel Bangladesch, Pakistan und die Länder am Persischen Golf. «Sie alle beziehen Schweizer Waffen in Millionenhöhe», sagt Gerber.

Im ersten Halbjahr 2020 konnte die Schweiz für 501 Millionen Franken Waffen exportieren, doppelt so viel wie im Vorjahr. Die Volksinitiative zu diesem Thema, «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer», wurde letzten Juni eingereicht. Der Bundesrat lehnt diese ab, wie auch Cassis im Interview betont.

Amnesty International
Eine Frau von Amnesty International demonstriert in Berlin gegen den Besuch von Recep Tayyip Erdogan. Sie hält ein Schild mit dem Schriftzug «Defending Human Rights Is Not a Crime» (Deutsch: «Menschenrechte zu beschützen ist kein Verbrechen») auf. - EPA

Die Schweiz habe eine beson­dere menschenrechtliche Verantwortung, so Beat Gerber. «Sie sollte ihr Waffenexportregime nicht nach unten nivellieren, sondern im Gegenteil eine effektive Rüstungsexportkontrolle sicherstellen», führt er weiter aus. So könne sie als glaubwürdige Vertreterin der Menschenrechte auftreten.

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