Nach der Stempelsteuer will die SP die Verrechnungssteuer «retten». Ob es ihr gelingt, ist offen. Ob sie davon profitieren würde ebenfalls, so Claude Longchamp.
Politologe Claude Longchamp gibt seine Einschätzung zur Reform der Verrechnungssteuer ab. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Im September entscheidet das Volk über die teilweise Abschaffung der Verrechnungssteuer.
  • Die SP hat dagegen das Referendum ergriffen und hat realistische Erfolgschancen.
  • Ob sie damit den Niedergang bei Wahlen stoppen kann, ist unklar, sagt Claude Longchamp.
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Die SP hat sich in der laufenden Legislatur auf die Fahne geschrieben, gegen Steuer-Privilegien für Reiche anzukämpfen. Mit dieser Argumentation bodigte sie im Februar die Abschaffung der Stempelsteuer. Diesen Erfolg will sie am 25. September wiederholen.

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Jacqueline Badran (SP/ZH) hochemotional am Abstimmungssonntag. Die Stempelsteuer wird nicht abgeschafft. - Keystone

Diesmal geht es um eine teilweise Abschaffung der Verrechnungssteuer. Bei dieser handelt es sich um eine Steuer, welche der Bund auf Kapitalgewinnen von Privatpersonen und Organisationen erhebt. Die Absicht: Die Gewinne sollen korrekt deklariert werden, erklärt Politologe Claude Longchamp im Nau.ch-Abstimmungstalk.

Verrechnungssteuer: Mehr oder weniger Einnahmen nach Abschaffung?

Denn die Steuer kann zurückgefordert werden, wenn die Gewinne richtig deklariert wurden. So soll Steuerhinterziehung verhindert werden. Die Verrechnungssteuer auf Obligationen soll nun aber nach Willen von Bundesrat und Parlament abgeschafft werden. Dieser Obligationenhandel finde oft im Ausland statt, erklärt Longchamp den Hintergrund.

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Das überparteiliche Komitee in Bern bei der Einreichung des Referendums gegen die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer. - Keystone

Dadurch würden dem Bund Steuereinnahmen entgehen. Es sollen mehr Obligationen im Inland gehandelt werden. «Da gehen die Meinungen nun weit auseinander», erklärt der Politologe.

Die Linke spricht von einem «Schlupfloch» für Reiche, die Bürgerlichen und Finanzminister Ueli Maurer (SVP) erhoffen sich mittelfristig höhere Steuereinnahmen. Kurzfristig dürften dem Bund allerdings Einnahmen entgehen.

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Finanzminister Ueli Maurer (SVP) setzt sich für die Reform der Verrechnungssteuer ein. - Keystone

Die Abstimmung reiht sich für Longchamp in den laufenden Verteilkampf ein. Braucht es mehr Geld für die Sicherheitspolitik, für den Kampf gegen den Klimawandel oder für die soziale Sicherheit? In diesem Kontext dürfte die SP mit dem Argument punkten, dass es der falsche Zeitpunkt für Steuer-Erleichterungen sei.

Mitte-Wähler entscheiden wohl die Abstimmung

Hinzu komme die Inflation. Diese könne ebenfalls ein Hindernis für die Steuerreform darstellen. Politisch sind die Fronten allerdings glasklar. SP, Gewerkschaften und Grüne lehnen die Vorlage ab.

Die bürgerlichen Parteien SVP, FDP, Mitte und GLP sowie die grossen Wirtschaftsverbände sind dafür. «Deutlicher geht es kaum. Halten diese Fronten in der Bevölkerung, dann wird die Reform angenommen, mit etwa 55 bis 60 Prozent.»

Claude Longchamp Christof Vuille
Abstimmungs-Experte Claude Longchamp erklärt im Polit-Talk mit Christof Vuille (stv. Chefredaktor von Nau.ch) die Funktionsweise der Verrechnungssteuer. - Nau.ch

Das sei allerdings nicht sicher, weil gerade in der Mitte noch Bewegung entstehen könne. «Interessante Vorboten» dazu seien die Stimmfreigabe der Jungpartei sowie das Nein der EVP, welche in der gleichen Fraktion politisiert wie die Mitte.

SP profitiert nicht zwingend von Abstimmungs-Siegen

Entstehe die gleiche Dynamik wie im Februar bei der Stempelsteuer-Abstimmung, sei ein erneuter SP-Triumph durchaus möglich, so Longchamp. Nur: Kann die SP dank erfolgreichen Referenden auch wieder Wahlen gewinnen? Hier tut sich die Sozialdemokratie auch unter dem neuen Präsidenten-Duo schwer.

Wie stehen Sie zu Teilabschaffung der Verrechnungssteuer?

«Es ist eine Möglichkeit für die SP, sich wieder besser zu positionieren», glaubt Longchamp. Gewinne sie erneut, würde sie beweisen, dass man sie in finanzpolitischen Geschäften sehr ernst nehmen müssen. Ob sich das auch auf die Wahlen auswirke, sei aber unsicher: «Die SP sollte sich nicht zu viel Hoffnung machen.»

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