«Unschicklich»: Andreas Glarner hat genug von Stickern
Auf den Laptops von Parlamentsmitgliedern prangen Sticker mit Botschaften. Der ehemalige Sticker-König, SVP-Nationalrat Andreas Glarner, sieht davon ab.

Das Wichtigste in Kürze
- SP-Nationalrätin Rosenwasser schmückt ihren Laptop jede Session mit einem neuen Sticker.
- SVP-Nationalrat Glarner findet die Deko heute «unschicklich».
- Im Deutschen Bundestag sind Aufkleber mit Botschaften sogar verboten.
Für Kinder ist es das Sticker-Album, für Mitglieder des Parlaments der Laptop. Die Deckel der Geräte sind oder waren zumindest immer mal wieder bunt. Parlamentarierinnen und Parlamentarier von links bis rechts schmücken diese mit allerlei Stickern.
Sticker-Königin ist SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser.
«Ich klebe jede Session einen neuen Sticker auf meinen Laptop», sagt sie. Etwa habe sie schon verschiedene queere Sticker darauf geklebt, so die LGBTQI-Aktivistin. Auch habe sie mit einem Sticker die Kandidatur der Schaffhauser SP-Kantonsrätin Isabelle Lüthi unterstützt.

«Habe es mir gut überlegt»
Aktuell ziert ein Kleber mit dem Spruch «Therapy ist not enough. I need to fight the government» Rosenwassers Gerät. Zu Deutsch: «Therapie reicht nicht. Ich muss gegen die Regierung kämpfen.»
Kreiert hat ihn eine amerikanische Künstlerin namens Jenny Shlemon.
«Ich habe mir gut überlegt, ob dieser Sticker im Ratssaal angebracht ist», sagt Rosenwasser. Da progressive Ratsmitglieder in der Minderheit seien, halte sie die humoristische Botschaft für vertretbar. «Ich möchte damit auch aussagen, dass ich mich der bürgerlichen Mehrheit stelle.»
Gerne guckt sie sich auch die Kleberli anderer Ratsmitglieder an. Die Botschaften der bürgerlichen Ratshälfte störten sie nicht, sagt die Nationalrätin. «Jemand hat einen riesigen ‹I love KMUs›-Sticker, da muss ich immer schmunzeln.»
Schluss mit «I love Oberwil-Lieli» von Andreas Glarner
Der Sticker-König war lange Zeit SVP-Nationalrat Andreas Glarner.
Auf dem Notebook-Deckel von Andreas Glarner klebte einer mit der Aufschrift «I love Oberwil-Lieli». Damit brachte der ehemalige Gemeindeammann die Liebe zu seiner Aargauer Gemeinde zum Ausdruck.
Inzwischen verzichtet Andreas Glarner darauf, sein Notebook mit Botschaften zu schmücken. «Ich fand, es sei unschicklich für den Nationalratssaal», sagt Glarner.
Gegen ein Kleberli-Verbot hätte Andreas Glarner nichts. «Wenn es einheitlich gehandhabt würde, wäre es vermutlich der Würde des Parlaments angemessener.» Andererseits belebten die Sticker das Bild.
Auf den Geräten der Abgeordneten im Deutschen Bundestag sind Sticker bereits tabu. Geräte mit angebrachten Aufklebern, Stickern oder sonstigen Botschaften zu verwenden, sei «ausdrücklich untersagt».
Dazu mahnte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner kürzlich. Damit soll verhindert werden, dass Abgeordnete Laptops oder Tablets als Plattform für politische Botschaften nutzen.
Wappen und Verbandslogo
SVP-Ständerat Werner Salzmann schmückt seinen Laptop aktuell mit zwei Klebern. «Weil es mir Freude macht», erklärt er. Es handelt sich um das Schweizer Wappen und das Logo des Verbands Landtechnik Schweiz. Dort amtet er als Präsident.
Die Schweiz sei ein freies Land, sagt Salzmann. «Jede und jeder kann die Kleber auf seinen privaten Geräten und Sachen platzieren, wo er möchte.»
Nie würde er hingegen, «irgendwelche Kleber» im öffentlichen Raum etwa auf Laternenmasten kleben. «Wie das von Links so gerne praktiziert wird», behauptet er.
Auch Grünen-Nationalrat Felix Wettstein verurteilt es, wenn Sticker an Verkehrsschildern angebracht werden. «Egal, um welche Botschaften es sich handelt – solche Aktionen gehen zu weit», sagt er.
«Das ist mein Lieblingsspruch»
Auf dem Deckel von Wettsteins früherem Laptop prangten drei Sticker.
«Atomkraft Nein Danke!» stand auf einem, ein weiterer warb mit «Erneuerbar Ja Klar» für erneuerbare Energien. Noch auffälliger war der dritte Aufkleber mit dem Spruch «Schön, dass du da bist».
«Das war mein Lieblingskleber. Ich habe Freude, den Leuten dies mitzuteilen», sagt Wettstein. Mit dem Austausch seines Laptops ist aber auch dieser Aufkleber verschwunden.
Das vorherige Modell sei grau gewesen, das jetzige schwarz. «Vielleicht laden graue Laptops eher zum Schmücken der Deckel ein», vermutet er.
«Bringen Verspieltheit zum Ausdruck»
Ganz ohne Sticker sitzt Wettstein aber doch nicht im Nationalratssaal. Er zückt sein Handy-Etui. Darauf klebt ein abgewetzter Kleber der Umweltverantwortungsinitiative. «Keine Wirtschaft auf einem toten Planeten», stand dort einmal.
Im Gegensatz zu Andreas Glarner würde Wettstein die Aufkleber im Ratssaal nicht verbieten. Das Parlament habe über wichtigere Dinge zu entscheiden, sagt er. Man sei immer Werbeträger von etwas. «Aber mit einem Anti-Atom-Shirt würde ich mich natürlich nicht in den Saal setzen», sagt er schmunzelnd.
Im Schweizer Parlament gibt es kein Verbot und keine offizielle Richtlinie, die das Anbringen von Stickern auf Geräten untersagen. «Es gelten lediglich die allgemeinen Regeln zur Ordnung», teilen die Parlamentsdienste mit.
Anna Rosenwasser hofft, dass dies auch so bleibt. Die Sticker im Parlament seien erfrischend, sagt sie. «Sie bringen Individualität und Verspieltheit zum Ausdruck.»