Die strikte Neutralität der Schweiz wackelt. Heute diskutieren Aussenpolitiker über Ideen, wie den Verteidigern im Ukraine-Krieg geholfen werden kann.
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Der Bundesrat um Aussenminister Ignazio Cassis hält daran fest, dass keine Schweizer Waffen in die Ukraine geliefert werden. Doch das Tabu bröckelt in Bundesbern. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Zuge des Ukraine-Kriegs ist unklar, wie die Schweizer Neutralität aussehen sollte.
  • Aussenpolitiker diskutieren heute verschiedene Modelle – einige wollen Waffen liefern.
  • Zuletzt dürfte das Stimmvolk das letzte Wort über die Neutralitätspolitik haben.
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Seit über zwei Monaten verteidigt die Ukraine ihr Land gegen den Aggressor aus Russland. Der Westen unterstützt sie mit Waffen und Munition. Nicht so aber die Schweiz - aufgrund des Haager Abkommen von 1907 darf sie keine Kriegs-Geräte an Konfliktparteien entsenden.

Das gilt sogar für den Umweg via Deutschland. Der Bund verbot den Deutschen die Lieferung von Panzer-Munition, die aus der Schweiz stammt. Spätestens seit dieser Episode ist die Neutralität Thema Nummer 1 im Bundeshaus.

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Ein Flugabwehrkanonenpanzer der Bundeswehr vom Typ Gepard steht im Deutschen Panzermuseum Munster.
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Ein Flugabwehrpanzer vom Typ "Gepard 1A2" feuert auf dem Schiessplatz im schleswig-holsteinischen Todendorf eine Stinger-Flugabwehrrakete ab.
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Ein Schweizer Soldat versorgt Munition in einem Container auf dem Waffenplatz Thun. (Archivbild)

Nun diskutiert die aussenpolitische Kommission (APK) des Nationalrats das heisse Eisen. Dabei dürften verschiedene Ideen in Bezug auf den Ukraine-Krieg auf den Tisch kommen. In der «NZZ am Sonntag» forderten etwa die Grünliberalen einen kompletten Systemwechsel.

Ukraine Krieg: Streit um mögliche Waffenlieferungen

«Ich will Rüstungsexporte zulassen, wenn sich eine Demokratie auf dem eigenen Territorium verteidigen muss», so Sicherheitspolitiker Beat Flach. Er könnte nicht verstehen, dass die Schweiz einer aufstrebenden Demokratie in Europa nicht helfe, sich zu verteidigen.

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Nationalrat Beat Flach (GLP/AG) will im Ukraine-Krieg dem angegriffenen Staat helfen. - Keystone

GLP-Fraktionschefin Tiana Moser ergänzt: «Das Neutralitätsverständnis basierend auf dem Haager Abkommen von 1907 ist nicht mehr zeitgemäss.» Solche Ideen dürften kaum mehrheitsfähig sein, weil sich sowohl Linke und SVP sperren.

FDP-Präsident Thierry Burkart sagt derweil: «Ich fände es beispielsweise sinnvoll, wenn demokratische Länder Kriegsmaterial, das sie aus der Schweiz bezogen haben, ohne weiteres an demokratische Staaten weitergeben könnten.»

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Hans-Peter Portmann, FDP-Nationalrat und Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. - Keystone

Seine Freisinnigen haben aber auch eigene Pläne. Nationalrat Hans-Peter Portmann strebt eine Volksabstimmung über die Schweizer Neutralität an. Die APK soll entsprechende Gesetze ausarbeiten, fordert er – und scheint dafür viel Support zu haben.

Am Dienstag will die Kommission informieren, wie es mit Waffenlieferungen und der strikten Neutralität weitergehen soll. Unabhängig davon, wie genau die APK sich entscheidet, scheint klar: Am Ende wird das Volk das letzte Wort haben.

Neutralität: Christoph Blocher will eine Volksabstimmung

SVP-Vordenker Christoph Blocher hat bereits vor einigen Wochen angekündigt, eine Volksinitiative für die «integrale Neutralität» zu lancieren. Er findet, die Schweiz werde durch das Mittragen der EU-Sanktionen bereits zur Kriegspartei.

Soll die Schweiz die Ukraine auch mit Waffen unterstützen?

Deshalb möchte er in der Verfassung eine Rückkehr zur Neutralitätspolitik des zweiten Weltkriegs festschreiben. Das würde auch bedeuten, dass die Eidgenossenschaft sich nicht mehr an Sanktionen gegen Kriegsparteien beteiligt.

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Christoph Blocher, ehemaliger SVP-Bundesrat. - Keystone

Aktuell ist die Schweizer Politik in Bezug auf den Ukraine-Krieg als «differenzielle» Neutralität zu verstehen. Das heisst: Eine politische Positionierung sowie das Übernehmen von Sanktionen ist erlaubt.

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