Die Schweiz blockiert den Waffenexport in die Ukraine. Eine solche Lieferung sei mit der Neutralität nicht vereinbar, sind sich Politiker von SP bis SVP einig.
Waffenexport Panzer ukraine krieg
Ein Flakpanzer vom Typ Gepard fährt auf dem Truppenübungsplatz in Munster. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nun will Deutschland also doch Panzer in die Ukraine ausliefern.
  • Die Munition wird in der Schweiz hergestellt und darf nicht exportiert werden.
  • Eine solche Lieferung könne derzeit nicht bewilligt werden, sind sich Politiker einig.

Lange verweigerte die deutsche Regierung den Waffenexport an die Ukraine. Am Dienstag hat sie nun doch grünes Licht gegeben, damit aufgearbeitete «Gepard»-Flugabwehrpanzer ins Kriegsgebiet geschickt werden können.

«Doch es gibt ein Problem mit unseren angeblich neutralen Nachbarn», schreibt die deutsche «Bild». Gemeint ist, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Weitergabe der Panzer-Munition, die in Zürich hergestellt wird, nicht erlaubt. Die Schweiz hindere so die Ukrainer, sich zu verteidigen. «Von wegen neutral», so das Fazit der Boulevardzeitung.

Waffenexport
Deutsche Panzer bei einer Übung
Zwei Ukrainische Soldaten halten eine Panzerfaust, während weitere die Szene beobachten. Foto: Andrea Filigheddu/ZUMA Press Wire/dpa
Zwei Ukrainische Soldaten halten eine Panzerfaust, während weitere die Szene beobachten. Foto: Andrea Filigheddu/ZUMA Press Wire/dpa
Zerstörter Panzer in Ukraine
Zerstörter Panzer in Ukraine

Auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister sieht ein Problem darin, dass die Schweiz den Waffenexport blockiert. Die Schweiz könne dazu auf das Notrecht zurückgreifen – ein Schachzug, den die Mitte auch zum Verhängen eigener Sanktionen ins Spiel gebracht hat. Das sei kein Widerspruch zur Neutralität, da die Schweiz aktuell in der Ukraine mit verteidigt werde.

Gerhard Pfister
Gerhard Pfister über die Ausfuhr von Schweizer Kriegsmaterial an die Ukraine. - Twitter

Links und rechts widersprechen die Mitglieder der Sicherheitskommission des Nationalrats: Das Seco hat richtig gehandelt, so das Urteil von Min Li Marti (SP), Thomas Rechsteiner (Mitte), Maja Riniker (FDP) und Thomas Hurter (SVP).

Min Li Marti (SP): «Waffenexport über Ausnahmebestimmungen nicht möglich»

«Die Lieferung von Waffen und Kriegsmaterial an kriegsführende Länder ist rechtlich für die Schweiz nicht zulässig.» Das verstosse gegen das Kriegsmaterialgesetz und das Neutralitätsrecht, erklärt SP-Nationalrätin Min Li Marti. «Im Kriegsmaterialgesetz ist klar festgehalten, dass Kriegsmaterial nicht an Staaten verkauft werden kann, die sich in einem internen oder internationalen bewaffneten Konflikt befinden.»

Min Li Marti SP
SP-Nationalrätin Min Li Marti (ZH). - Keystone

Marti könne emotional gut nachvollziehen, dass man angesichts des Angriffskriegs gegen die Ukraine die Schweizer Neutralität in Frage stellen wolle. «Aber dann müsste man dies grundsätzlich diskutieren, das geht nicht über Ausnahmebestimmungen, sondern das betrifft den Kern der Neutralität.»

Die Schweiz habe andere Möglichkeiten als den Waffenexport, um sich einzubringen: «Zum einen mit humanitärer Hilfe, zum anderen mit einem konsequenten Vorgehen bei den Sanktionen bei russischen Oligarchen sowie bei der Reduktion der Abhängigkeit von russischem Gas und Öl.»

Maja Riniker (FDP): «Zu früh für Forderung nach Gesetzes-Anpassungen»

Im Jahr 2020 beschäftigte sich das Parlament mit der Korrektur-Initiative. Daraus resultierte eine Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes: Waffenlieferungen an Länder in einem Bürgerkrieg, sowie Länder, die Menschenrechte systematisch verletzen, sind ab dem 1. Mai 2022 nicht mehr erlaubt.

Maja Riniker Waffenlieferung
Nationalrätin Maja Riniker (FDP) spricht während einer Medienkonferenz des Komitees «Ja zum Jagdgesetz». - Keystone

«Ich habe mich damals stark dafür eingesetzt, dass Ausnahmen hätten möglich sein müssen. Das hat die Mehrheit abgelehnt», bedauert Maja Riniker. Doch sie respektiere Mehrheitsentscheide. «Nun heute schon wieder Anpassungen zu fordern, finde ich verfrüht.»

Mitte-Rechsteiner sieht im Notrecht keine Lösung

Ähnlich argumentiert auch Thomas Rechsteiner. Das Parlament habe es bei der Überarbeitung verpasst, die vorgeschlagene Delegationsnorm von Exporten an den Bundesrat zu bestätigen. Stattdessen habe es unter dem Damoklesschwert der Korrekturinitiative eine Verschärfung vorgenommen. «Diese Konsequenz ist zu tragen.»

Thomas Rechsteiner
Thomas Rechsteiner (Die Mitte) spricht während der Eidgenössischen Räte im Nationalrat in Bern am 9. März 2022. - Keystone

Schliesslich zeichne sich die Schweiz durch Verlässlichkeit und Konstanz bezüglich rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen aus. «Dies ist wichtig für die Bevölkerung, die Wirtschaft und auch das Land selbst. Wir dürfen das nicht ohne Not aufgeben und tun gut daran, die Gesetze nicht im Monatsrhythmus je nach Einschätzung der Bedrohung oder Entwicklung anzupassen.»

Würden Sie die Lieferung von Schweizer Kriegsmaterial an die Ukraine unterstützen?

Den Umweg über das Notrecht für den Waffenexport, den Parteipräsident Pfister fordert, hält Rechsteiner für nicht zulässig. «Der Russland-Feldzug gegen die Ukraine ist ein internationaler bewaffneter Konflikt. Es besteht weder an Deutschland noch an Dritte ein Mandat des Uno Sicherheitsrates, weshalb meines Erachtens die Lieferung ein Positionsbezug ist, der nicht mit der Neutralität der Schweiz zu vereinbaren ist.»

Thomas Hurter SVP
Thomas Hurter (SVP/SH) spricht im September 2020 im Nationalratssaal. - Keystone

Für die SVP und auch dessen Vertreter im Nationalrat Thomas Hurter ist die Sache klar, entsprechend kurz fällt seine Antwort aus: «Schweizer Gesetze müssen eingehalten werden. Ansonsten gefährden wir unsere Neutralität. Das Kriegsmaterialgesetz braucht keine weitere Anpassung.»

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