Leopard-Panzer sind nur das letzte Beispiel: Im Ukraine-Krieg ist ein halber Zoo an Waffen aus aller Welt im Einsatz. Ein Kommentar.
Leopard 2 A4 -Panzer der polnischen Armee bei gemeinsamen Übungen polnisch-amerikanischer Panzereinheiten auf dem Truppenübungsplatz Swietoszow.
Leopard 2 A4 -Panzer der polnischen Armee bei gemeinsamen Übungen polnisch-amerikanischer Panzereinheiten auf dem Truppenübungsplatz Swietoszow. - Maciej Kulczynski/PAP/EPA/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Nicht nur deutsche Waffen haben Tiernamen.
  • Vom «Leoparden» bis zum «Wildschwein»: Sie werden in der Ukraine in den Krieg geschickt.
  • Die Tierwelt dürfte sich wenig geschmeichelt fühlen: Ein Kommentar.
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Tierisch war der deutsche Beistand für die Ukraine schon längst. Schon bevor sich Bundeskanzler Olaf Scholz überreden liess, doch noch Leopard-Panzer auszuwildern. Der Schützenpanzer Marder und der Flugabwehrkanonenpanzer Gepard hatten da schon vorgespurt. Etwas weniger Aufmerksamkeit erhalten hatten die 13 Brückenlegepanzer Biber.

Rüstungsindustrie mit Herz für Tiere

Mit der Tierliebe steht die deutsche Rüstungsindustrie allerdings keineswegs alleine da. Allein in der Liste mit den der Ukraine gespendeten Waffen findet sich ein halber Zoo. Besonders ausgeprägt ist die faunische Benamsung bei den (gepanzerten) Mannschaftstransportern. Angefangen bei den MRAPs Cougar («Berglöwe»), Mastiff («Dogge») und Husky, über den ATF Dingo bis zum Iveco LMV Lince («Luchs»): Raubtiere sind Trumpf und sie streunen jetzt alle durch die ukrainische Steppe.

Gepard-Flugabwehrpanzer
Gepard-Flugabwehrpanzer - BUNDESWEHR/AFP/Archiv

Der Iveco heisst in der britischen Version «Panther», genau wie der in Dubai produzierte Panthera T-6 APC.

Aber es müssen nicht immer Karnivoren sein: Auch der BMC Kirpi («Igel»), RG-31 Nyala (eine Antilopenart) und der AMZ Dzik («Wildschwein») transportieren Mannschaften. Der ukrainischen Armee kann es recht sein, solange die sich nicht gegenseitig auffressen.

Gepard
Geparde in einem Zoo. - keystone

Aber auch kreuchendes und fleuchendes ist im Einsatz, wie die Drohnen ScanEagle («Absuch-Adler») und Parrot ANAFI («Papagei»). Die Mini-Drohne heisst Black Hornet Nano («Schwarze Hornisse»), das Gewehr ZVI Falcon («Falke») und das Artilleriegeschütz AHS Krab («Krabbe»).

Spitzfindige Waffennamen – aber Hauptsache tierisch

Herzig, nicht? Aber genau, geschossen wird ja auch noch, in einem Krieg. Mit der Antischiffrakete Exocet («fliegender Fisch») oder der Boden-Luft-Rakete Crotale («Klapperschlange»). Etwas weniger eindeutig ist die Bezeichnung der Boden-Luft-Rakete MIM-23 HAWK: Nur «ganz zufällig» heisst sie «FALKE», denn HAWK ist die Abkürzung für «Homing all the way killer».

Ähnlich originell sind die Waffenschmiede beim Artillerieortungsradar COBRA (COunter Battery RAdar). Dieser, so wird versichert, integriere sich nahtlos in die bestehenden Systeme. In der deutschen Version also in den «Artillerie-, Daten-, Lage- und Einsatz-Rechnerverbund (ADLER)».

Panzerhaubitze 2000
Die Panzerhaubitze 2000 hätte beinahe «Rüssel» geheissen. - AFP/Archiv

So gesehen hat die (genauso gespendete) Panzerhaubitze 2000 noch Schwein (…) gehabt. Für sie war ursprünglich ebenfalls ein Tiername gesucht. Rhinozeros, Stier, Nashorn sollen in der engeren Auswahl gewesen sein, «Rüssel» wohl eher unter «ferner schniefen». Aber warum nur?

Am Tier führt kein Weg vorbei

Klar, in der Hitze des Gefechts will kein Soldat kryptische Typenbezeichnungen durchs Funkgerät buchstabieren: «Auf 11 Uhr zwei PbV-501A» will schon am zweiten Tag niemand mehr sagen. Vor allem, wenn sich dann herausstellt, dass es eigentlich zwei MLI-84M1 JDERUL mit aufgebautem OWS-25R sind.

Waren Sie im Militärdienst?

Aber warum ausgerechnet Tiernamen? Ausnahmen von der Regel gibt es natürlich: Der amerikanische Abrams-Panzer ist zum Beispiel nach einem General benannt, vor allem russische Waffen auch nach deren Konstrukteur.

Panzerhaubitze 2S1 Gvozdika Ukraine
Ein ukrainischer Soldat steht in der Region Donezk auf einer Panzerhaubitze 2S1 Gvozdika, oder wie man hierzulande sagt: «Nägeli». - Keystone

Einige wenige Waffen heissen nach meteorologischen Phänomenen («Mistral», «Hagelsturm»). Ein Grenzfall wäre wohl der Raketenwerfer RM-70 Vampire und völlig aus dem Rahmen fällt die amphibische Panzerhaubitze 2S1 Gvozdika. Auch wenn die ukrainische Armee wohl grosszügig darüber hinwegsieht, dass sie mit einer «Nelke» russische Stellungen dem Erdboden gleichmacht.

Doch Irren ist menschlich

Und ja: Das klingt brutal. Krieg ist kein schöner Anblick, das weiss auch die Natur. Und wenn sie es nicht wissen, schauen sie mal wieder eine Tier-Doku, wie ein Gepard eine Antilope jagt und auffrisst. Wählen die Waffenhersteller deshalb (Raub-)Tiernamen, weil sie den Käufern sagen wollen: Damit könnt ihr ein grausliches Blutbad hinterlassen?

Offenbar nicht. Nicht die erbarmungslosen Tötungsmethoden sollen in Erinnerung gerufen werden. Im Vordergrund steht das edle Tier: Der geschmeidige und doch kraftvolle Leopard, die blitzschnell zubeissende, giftzahnbewehrte Klapperschlange. Der unscheinbare und doch wehrhafte Igel.

Tiger Löwe Leopard Babys
«Kuzya» spielt mit Leoparden-Baby «Tarzan» im Zoo von Kemerovo (Russland). Kuzyas Eltern sind ein Tiger und ein Löwe. - Keystone

Das Tier ist der bessere Mensch, denn es hat alle Eigenschaften, die der Mensch sich nur dank Maschinen aneignen kann. Wir wissen nicht, was die Tierwelt davon hält, dass sie stellvertretend für die Krone der Schöpfung ein Gemetzel anrichten darf.

Doch eins sollte der Mensch wissen: Leoparden, Klapperschlangen, Igel, sie haben herausragende Eigenschaften. Gemetzel anzurichten, zählt nicht dazu.

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