Künftig soll nach dem Willen des Ständerats bei allen Abstimmungen in der kleinen Kammer nachvollziehbar sein, wer wie gestimmt hat. Die kleine Kammer hat einer entsprechenden Änderung ihres Geschäftsreglements am Mittwoch zugestimmt.
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Der Ständerat in der Wintersession 2020. (Archivbild) - sda
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit 28 zu 14 Stimmen ohne Enthaltungen stimmte der Ständerat dem Entwurf seiner Staatspolitischen Kommission (SPK-S) zu.

Im Nationalrat werden schon heute alle Abstimmungsergebnisse in Form einer Namensliste veröffentlicht. Im Falle des Ständerats gab es solche Listen bis anhin in der Regel nur zu Gesamt- und Schlussabstimmungen. Dies ändert sich nun.

Die Neuerung geht zurück auf eine parlamentarische Initiative des parteilosen Schaffhauser Ständerats Thomas Minder. Minder kritisierte in seiner Initiative, die bislang praktizierte «selektive Transparenz» sei den Wählerinnen und Wählern nicht vermittelbar.

Die Befürchtung, die Neuerung schade der Diskussionskultur des Ständerats, sei unbegründet, so Minder. Das zeigten die Erfahrungen seit der Einführung der elektronischen Abstimmung. Politologen, Lobbyisten und Medien erstellten schon heute Politiker-Ratings.

«Der Ständerat ist keine Dunkelkammer und war es auch nie», wandte dagegen Daniel Jositsch (SP/ZH) namens der Kommissionsminderheit ein. Schon heute könnten alle die Ständeratsdebatten und die Abstimmungen auf der Zuschauertribüne oder im Internet verfolgen.

Wesentlich sei, dass der Ständerat weiterhin als «chambre de réflexion» funktionieren könne, so Jositsch. Es brauche keinen zweiten Nationalrat. Aufgrund der Kleinheit des Ständerats seien echte Diskussionen möglich. Wer Debatten nachvollziehen wolle, müsse sich den Austausch der Argumente anhören - diese seien entscheidend.

Auch Daniel Fässler (Mitte/AI) monierte, der parteipolitische Druck auf die Mitglieder des Ständerats werde zunehmen. Zudem betonte er, quantitative Analysen des Stimmverhaltens einzelner Personen brächten der Öffentlichkeit nichts, solange nicht klar sei, wieso jemand in so einer Weise abgestimmt habe.

Schon heute sei der Ständerat immer «nationalrätlicher» geworden, sagte Alex Kuprecht (SVP/SZ). Es brauche eine gewisse Resistenz, um sich dem Druck der Generalsekretariate der Parteien zu widersetzen. Er mache nicht Politik, um in Parlamentarier-Ratings gut dazustehen.

Unterstützung erhielt Minder von Hans Stöckli (SP/BE). Es handle sich lediglich um einen kleinen Schritt. Auch Lisa Mazzone (Grüne/GE) sagte, schon heute gebe es für Leute Transparenz, die sich beruflich mit Politik befassten und die Zeit hätten, sich Informationen zu beschaffen. Keine Transparenz gebe es hingegen für die allgemeine Bevölkerung.

Roberto Zanetti (SP/SO) betonte, es müsse ersichtlich sein, wer welche Ratsentscheide zu verantworten habe. Dies insbesondere, da im Ständerat immer häufiger ganz direkt Einzelinteressen vertreten würden. Der Rat habe sich zur «Rumpelkammer der Steueroptimierung» entwickelt, so Zanetti.

Da das Geschäft nur den Ständerat betrifft, ist die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung.

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