So feiert Russland den lächelnden Cassis – aber den falschen

Das Wichtigste in Kürze
- Russlands Aussenminister Sergei Lawrow soll Ignazio Cassis einen Orden verliehen haben.
- Dies sollen zumindest Bilder von der Uno-Generalversammlung in New York zeigen.
- In Wahrheit ist Cassis' Lächeln aber die einzige Freundlichkeit zwischen ihm und Lawrow.
Der oberste Schweizer Diplomat, Aussenminister Ignazio Cassis, ist 2022 auch Bundespräsident und steht wiederholt in der Kritik. Diese Woche wurde ihm sein diplomatisches Lächeln beim Handshake mit dem russischen Aussenminister Sergei Lawrow zum Verhängnis. Solches sei nicht angebracht und schade der Schweiz, hiess es in Online-Kommentaren und im Parlament.

Es wurde befürchtet, Russland werde dies für Propagandazwecke missbrauchen. Doch Cassis kommt zu ganz anderen, zweifelhaften Ehren. Er habe von seinem Amtskollegen beim Treffen während der Uno-Generalversammlung in New York den «Orden der Freundschaft» verliehen erhalten. So zeigt dies jedenfalls die staatliche Nachrichtenagentur Tass auf von ihr verbreiteten Fotos.
Ignazio Cassis aus… Venezuela?
Die Bilder zeigen in der Tat, wie Sergei Lawrow nach dem Händeschütteln seinem Gegenüber etwas ans Revers heftet. Auf späteren frontalen Aufnahmen ist auch zu erkennen, was es ist: Der goldene Stern am hellblau-grünen Band mit der von Ölzweigen umgebenen Weltkugel in der Mitte. Der «Orden der Freundschaft», verliehen an Personen, welche Beiträge zur Förderung der Freundschaft und Zusammenarbeit mit Russland geleistet haben.

Die Bilder zeigen vor allem aber auch, dass Bundespräsident Ignazio Cassis in Russland keinen hohen Stellenwert geniesst. Sonst hätte man schnell erkannt, dass der abgebildete Ordensempfänger dem Tessiner nur sehr entfernt gleicht.

Es handelt sich nämlich um den venezolanischen Aussenminister Carlos Faría Tortosa, ehemals Botschafter in Russland. Ironischerweise trägt Señor Faría im Gegensatz zu Lawrow sogar seinen Uno-Zutrittsbadge, direkt unter dem Orden. Der vermeintliche Freund Cassis ist also gut sichtbar mit seinem echten Namen angeschrieben.
Weltweit verbreitet
Die Bilder publiziert hat das russische Aussenministerium gemeinsam mit Tass. Interessanterweise sind sie auf der Ministeriums-Website auch korrekt angeschrieben. Weil Tass aber Kooperationen mit diversen (westlichen) Bildagenturen pflegt, sind die falschen Bildlegenden auch in andere Datenbanken gerutscht. So bei der Schweizer Agentur Keystone und Imago aus Deutschland.
Bundespräsident Ignazio Cassis wird wohl auch dies mit einem Lächeln wegstecken. Das wäre wohl auch besser als darauf zu bestehen, man sei ganz definitiv sicher keines Freundschafts-Ordens würdig. Anderen, hoffentlich korrekt betitelten, Bildern nach zu schliessen scheint Lächeln in Gegenwart von Sergei Lawrow sowieso das Patentrezept zu sein.

Ob das immer «gute Miene zum bösen Spiel» ist, sei dahingestellt. Gut möglich, dass einige der verzogenen Mundwinkel auch bloss ein schmerzverzerrtes Gesicht aufgrund kräftigen Händedrucks überdecken sollen.