National- und Ständerat sind sich bei den Jugendschutzregeln für Videospiele nicht ganz einig. Streitpunkt sind unter anderem die optionalen Zusatzkäufe.
Besucher auf einer Spielemesse
Besucher auf einer Spielemesse - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Nationalrat will optionale Zusatzkäufe in Videospielen im Gesetz regeln.
  • So sollen Jugendliche vor den sogenannten Mikrotransaktionen geschützt werden.
  • Der Ständerat ist jedoch mit der Bestimmung nicht einverstanden.

Der Ständerat muss sich nochmals mit den neuen Regeln zum Schutz Minderjähriger vor Sex- und Gewaltdarstellungen in Filmen befassen. Der Nationalrat hat am Mittwoch an mehreren Differenzen zur kleinen Kammer festgehalten.

Der Nationalrat besteht zum einen darauf, auch optionale Zusatzkäufe in Videospielen und Apps – sogenannte Mikrotransaktionen – im Gesetz zu regeln. Mit 103 zu 82 Stimmen bei acht Enthaltungen hielt er an einem früheren Beschluss fest.

Ständerat sieht Verantwortung bei Eltern

Der Ständerat möchte die Bestimmung streichen, ebenso wollten dies SVP und FDP. Letztlich liege es in der Verantwortung der Eltern, ob sie ihren Kindern erlaubten, Kreditkarten zu benutzen, sagte Verena Herzog (SVP/TG) namens ihrer Fraktion.

Mikrotransaktionen seien eine fiese Masche, hielt ihr Simon Stadler (Mitte/UR) entgegen. Kinder und Jugendliche würden für den Kauf eines Spiels begeistert, erhielten es aber nicht vollständig. Dies fördere auch die Abhängigkeit.

Jugendliche
Jugendliche reisen in einem Zürcher Tram und benutzen ihr Smartphone (Symbolbild). - Keystone

Zudem möchte der Nationalrat das zuständige Bundesamt gesetzlich dazu verpflichten, Massnahmen zur Förderung der Medienkompetenz und der Prävention zu ergreifen. Mit 107 zu 82 Stimmen bei vier Enthaltungen sprach er sich dagegen aus, wie vom Ständerat beschlossen, auf die Vorgabe zu verzichten.

Es handle sich nicht um eine Bundesaufgabe, kritisierte Herzog ohne Erfolg. Prävention sei für einen effektiven Jugendschutz zwingend, sagte dagegen Sandra Locher Benguerel (SP/GR) namens ihrer Fraktion.

Pflicht, Experten hinzuzuziehen

Weiter will die grosse Kammer die für die Umsetzung der Jugendschutz-Massnahmen zuständigen Organisationen weiterhin verpflichten, Expertinnen und Experten dauerhaft als Mitglieder einzubeziehen. Der Ständerat wollte eine solche Pflicht nur bei der Erarbeitung der entsprechenden Konzepte.

Eine Minderheit der Nationalratskommission wollte ihm darin folgen. Die Bestimmung widerspreche dem Prinzip, sich auf bestehende Branchenorganisationen zu stützen, sagte Simone de Montmollin (FDP/GE). Jugendschutz dürfe nicht nur Sache von Branchenvertretern sein, wandte dagegen Locher Benguerel ein.

Zwei weitere Differenzen räumte der Nationalrat aus: Dabei geht es einerseits um die Frage, unter welchen Voraussetzungen begleitete Kinder und Jugendliche im Kino Filme sehen dürfen. Der Nationalrat wollte ursprünglich, dass in diesem Fall die Altersgrenze um höchstens zwei Jahre unterschritten werden darf. Der Ständerat hatte diese Bestimmung in der Sommersession gestrichen, nun schloss sich die grosse Kammer dem Entscheid mit 107 zu 86 Stimmen ohne Enthaltungen an.

Vergebliche Warnung von Berset

Bundesrat Alain Berset warnte vergeblich, es sei wichtig, dass ein Mindestalter nicht beliebig unterschritten werden könne. Hier gehe es um den Kern der Vorlage. Unterstützung erhielt er von SP, Mitte, Grünen und Grünliberalen. Der Ständerat habe das Gesetz abgeschwächt, sagte Valentine Python (Grüne/VD).

Berset Coronavirus
Bundesrat Berset spricht während der Pressekonferenz zum Coronavirus am 30. November 2021. - keystone

Bei der genauen Ausgestaltung der Regeln für die Teilnahme an Videospiel-Turnieren räumte der Nationalrat ebenfalls eine Differenz zum Ständerat aus. Einverstanden war er auch damit, im Gesetz durchgängig von Branchen- statt von Jugendschutzorganisationen zu sprechen.

Ziel der Vorlage ist es, Minderjährige vor Medieninhalten in Filmen und Videospielen zu schützen, die ihre Entwicklung gefährden könnten. Dabei geht es insbesondere um Darstellungen von Gewalt und Sexualität sowie bedrohliche Szenen.

Jugendschutz Sache der Kantone

Das Gesetz für Anbieter von Filmen, Videospielen und entsprechenden Internet-Plattformen regelt etwa, wie sie ihre Produkte kennzeichnen müssen und was sie zur Alterskontrolle tun müssen. Heute ist der Jugendschutz weitgehend Sache der Kantone.

Der Bundesrat schlägt eine Co-Regulierung zwischen Branchenakteuren und Jugendschutzorganisationen vor, ergänzt mit Fachexperten. So können die Akteurinnen und Akteure die Detailregulierungen der Film- und Videospielbranchen selber entwickeln.

Finden die Branchen keine Lösung, kann der Bundesrat selber Regeln erlassen. Die Kantone sollen gemäss Entwurf mit Testkäufen kontrollieren, ob die Alterskennzeichnungen auf den Produkten angebracht sind und ob die Alterskontrolle in den Geschäften oder Kinos durchgeführt wird.

Das Geschäft geht zurück an den Ständerat.

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