Unter der Aufsicht von Verteidigungsministerin Viola Amherd schafft der Bund ein «Staatssekretariat für Sicherheit». In Bundesbern erntet sie dafür auch Kritik.
Mauro Tuena Sicherheit Neutralität
SVP-Nationalrat Mauro Tuena sieht hinter der Schaffung eines Staatssekretariats für Sicherheit eine verdeckte Strategie zur stückweisen Annäherung an die Nato. (Archivbild) - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bund schafft ein «Staatssekretariat für Sicherheit» – nicht alle freuen sich darüber.
  • Für die SVP ist die Verwaltungseinheit ein Instrument zur schleichenden Nato-Annäherung.
  • Aus den Reihen der SP wird die demokratische Legitimation des Entscheids kritisiert
  • Die Mitte wiederum begrüsst den Beschluss: Das Staatssekretariat stärke die Sicherheit.

Gestern hat der Bundesrat eine neue Verwaltungseinheit im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) ins Leben gerufen: Das «Staatssekretariat für Sicherheit» soll die Prozesse verschlanken, damit der Bund schneller auf sicherheitspolitische Entwicklungen reagieren kann. Überdies wird das Staatssekretariat für die internationale Dimension der schweizerischen Sicherheitspolitik verantwortlich sein.

Viola Amherd VBS
Bundesrätin Viola Amherd erhält im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) ein neues «Staatssekretariat für Sicherheit». - keystone

Mit dem neuen Staatssekretariat schafft das VBS auch einen neuen Staatssekretär oder eine neue Staatssekretärin mit weitreichenden diplomatischen Befugnissen. Während einige in Bundesbern den Schritt begrüssen, stösst er bei anderen auf reichlich Widerstand.

SVP-Nationalrat Mauro Tuena befürchtet Aufweichung der Neutralität

Die Volkspartei ist überzeugt, Bundesrätin Viola Amherd wolle mit der neuen Verwaltungseinheit lediglich eine «versteckte Anbindung an die Nato» vorantreiben. SVP-Nationalrat Mauro Tuena erklärt auf Anfrage: Es sei die bewaffnete Neutralität, welche die Eidgenossenschaft seit mehr als 200 Jahren vor blutigen Konflikten bewahre. Folglich müsse sich die Schweizer Armee auch als Verteidigungsarmee ausrichten, um die Schweiz innerhalb der Landesgrenzen verteidigen zu können.

SVP Tuena Neutralität Sicherheit
SVP-Nationalrat Mauro Tuena bezweifelt, dass eine Annäherung an die Nato mit der Neutralität vereinbar sei. (Archivbild) - keystone

Das neue Staatssekretariat verfolge aber andere Ziele. Der Zürcher ist überzeugt, dass die «hochbezahlten Top-Diplomaten» in erster Linie die «verdeckte Agenda» von Viola Amherd befeuern sollen. «Statt die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz zu stärken, will die VBS-Vorsteherin die Schweizer Armee auf Nato-Tauglichkeit trimmen

Aufgrund der Zusicherung von militärischem Beistand wäre die Schweiz als Nato-Mitglied im Angriffsfall auf einen der Bündnispartner automatisch Kriegspartei. Der Präsident der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats glaubt deshalb nicht, dass eine Annäherung mit der Neutralität vereinbar sei.

Neutralität Schweiz Staatssekretariat Nato
Die bewaffnete Neutralität hat in der Schweiz eine lange Tradition. (Symbolbild) - keystone

In diesem Zusammenhang erinnert Tuena an die Bundesverfassung, welche Bundesrat und Parlament zur Wahrung der Neutralität verpflichtet: «An diesem Auftrag hat sich auch die Schweizer Armee und ihre Vorsteherin auszurichten.»

SP-Nationalrätin Sarah Wyss verlangt demokratische Mitsprache

Auch links der Mitte sind mit dem Beschluss des Bundesrates nicht alle gänzlich zufrieden: SP-Nationalrätin Sarah Wyss tadelt die Landesregierung für die «mangelnde demokratische Legitimation» der Entscheidung.

Die Stadtbaslerin erachtet es zwar als sinnvoll, dass der Bundesrat für die Organisation der Departemente zuständig ist. Dass binnen zweier Jahre zwei neue Bundesämter und ein neues Staatssekretariat aus der Taufe gehoben wurden, sei hingegen problematisch: «Parlamentarisch gab es keinerlei Diskussion über Sinn und Zweck dieses neuen Staatssekretariats.»

Sarah Wyss Staatssekretariat Sicherheit
SP-Nationalrätin Sarah Wyss erwartet, dass der Bundesrat das Parlament künftig stärker in politische Entscheidungen miteinbezieht. (Archivbild) - keystone

Die Sozialdemokratin verlangt, dass das Parlament in derlei politischen Entscheidungen künftig mehr Mitsprache hat. Zudem werde das Thema «Sicherheit» in Zukunft zweifelsfrei noch mehr Raum einnehmen: «Demokratiepolitisch wäre es deshalb richtig, wenn das Parlament in die Entscheidungen miteinbezogen wird», erklärt Wyss auf Anfrage.

Noch könne man nicht vorhersehen, ob das neue Staatssekretariat die Zusammenarbeit zwischen den Departementen verbessern werde. Gleichzeitig betont Wyss, dass sie die Idee eines «Staatssekretariats für Sicherheit» nicht prinzipiell ablehne: «Die Weltlage ist fragil. Es braucht eine gute Abstimmung zwischen den Departementen, um den Herausforderungen begegnen zu können.» Überdies spiele auch die internationale Zusammenarbeit eine sehr grosse Rolle, so die Sozialdemokratin.

Mitte-Nationalrat Philipp Bregy begrüsst Ausbau der Zusammenarbeit

Zustimmung findet der Entscheid in der Mitte-Partei: Im Fahrwasser des russischen Überfalls auf die Ukraine hatte der Bundesrat beschlossen, die militärische Zusammenarbeit mit internationalen Partnern zu stärken. Der Angriffskrieg inmitten des Kontinents habe die europäische Sicherheitsarchitektur fundamental verändert, erklärt Fraktionspräsident Philipp Matthias Bregy.

Philipp Matthias Bregy Sicherheit
Mitte-Fraktionspräsident Philipp Matthias Bregy begrüsst die Schaffung eines «Staatssekretariats für Sicherheit». (Archivbild) - keystone

Der Walliser begrüsst den Beschluss des Bundesrats: «Durch ein Staatssekretariat im VBS kann der Bund die Sicherheitspolitik besser koordinieren, die zivile Sicherheit stärken und die Cybersicherheit verbessern.» Aus sicherheitsstrategischen Überlegungen sei eine Kooperation mit den Nachbarländern im Verteidigungsbereich sinnvoll: «Auch die Schweiz muss – in ihrem eigenen Interesse – ihren Beitrag an ein sicheres Europa leisten.»

Begrüssen Sie die Schaffung eines Staatssekretariats für Sicherheit?

Ob aus dem bundesrätlichen Bestreben nach «Sicherheit und Kooperation» eine schleichende Annäherung an internationale Militärbündnisse erwächst, wird die Zukunft weisen. Dass das neue Staatssekretariat als Instrument dafür missbraucht wird, steht gleichermassen in den Sternen. Politisch dürfte die Thematik aber sicherlich auch weiterhin für Gesprächsstoff sorgen.

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