Nationalrat debattiert über Steuerreform, Kita-Kosten und Gotthard
Ab heute Montag ist in Bern Sondersession des Nationalrats. Hier gibt es einen Überblick über die wichtigsten Themen.

Das Wichtigste in Kürze
- Vom 5. bis am 7. Mai ist im Bundeshaus Sondersession des Nationalrats.
- Unter anderem stehen Steuer- oder Verkehrsfragen auf dem Programm.
Der Nationalrat muss wegen seiner grossen Geschäftslast nachsitzen: Vom 5. bis zum 7. Mai führt er eine dreitägige Sondersession durch. Auf der Traktandenliste stehen beispielsweise Kindererziehung ohne Gewalt, die Einführung der Individualbesteuerung, die Unterstützung für Familien mit Kita-Kindern sowie der Verkehr auf der Gotthard-Achse.
ERZIEHUNG: Eltern könnten gesetzlich dazu verpflichtet werden, ihre Kinder gewaltfrei zu erziehen. Der Nationalrat entscheidet, ob das Zivilgesetzbuch entsprechend angepasst werden soll. Gewalt von Eltern gegenüber den eigenen Kindern im Rahmen der Erziehung ist zwar schon heute nicht erlaubt. Der Bundesrat möchte den Grundsatz aber ausdrücklich ins Gesetz schreiben und festhalten, dass körperliche Bestrafungen und andere erniedrigende Behandlungen von Kindern unzulässig sind. Ausserdem will er die Prävention stärken. Die zuständige Kommission des Nationalrates beantragt dem Rat ein Ja zur Vorlage. Eine SVP-Minderheit spricht sich gegen die Gesetzesänderung aus.
KITA-VORLAGE: Der Nationalrat befasst sich ein weiteres Mal mit der Finanzierung von Plätzen in Kindertagesstätten (Kitas). Bisher wollte die grosse Kammer dafür Bundesgelder sprechen, während der Ständerat auf eine Betreuungszulage setzen will, die über Beiträge der Arbeitgebenden, der Arbeitnehmenden und der Kantone finanziert wird. Und die kleine Kammer will die Vorlage zum indirekten Gegenvorschlag zur Kita-Initiative machen. Diese verlangt, dass Eltern höchstens zehn Prozent des Einkommens für die Kita-Plätze ihrer Kinder ausgeben müssen. Die Nationalratskommission zeigt sich nun offen für eine Betreuungszulage. Sie will den Bund aber stärker in die Pflicht nehmen als der Ständerat und mehr Geld sprechen.
STRASSENVERKEHR: Der Nationalrat befasst sich mit dem Verkehrsregime auf der Gotthard-Strassenverbindung in den Süden. Eine Urner Standesinitiative, die Verkehrsmanagement-Massnahmen und unter anderem ein Slot-System für Durchfahrten verlangt, lehnt eine knappe Mehrheit der zuständigen Kommission zwar ab. Gleichzeitig hat die Verkehrskommission aber zwei Motionen eingereicht. Die erste verlangt die Möglichkeit für Kantone, bei Staus auf Nord-Süd-Transitachsen Kantonsstrassen für den Ausweichverkehr vorübergehend zu sperren. Die zweite fordert eine Verpflichtung für Betreiber von Navigationssystemen, den Autofahrenden solche Sperrungen bekanntzugeben. Starke Minderheiten stellen sich gegen die Motionen, und auch der Bundesrat beantragt ein Nein dazu.
STEUERN: Die Vorlage zur Einführung der Individualbesteuerung kommt ein zweites Mal in den Nationalrat, nachdem beide Kammern in der ersten Beratungsrunde dem Ansinnen knapp zugestimmt haben. Konsens herrscht darüber, die steuerliche Diskriminierung der Ehe abzuschaffen. Druck machen zwei Volksinitiativen aus den Reihen der FDP Frauen und der Mitte-Partei. Ob die Vorlage zur Individualbesteuerung ins Trockene kommt, ist aber offen, weil das Wie bei der Abschaffung der Heiratsstrafe umstritten ist. Namentlich bei der Höhe des Kinderabzugs und beim Progressionsmodell sind sich die Räte nicht einig. Die Nationalratskommission will nun einen Mittelweg nehmen, damit die finanziellen Verluste für Bund und Kantone bei der Einführung der Individualbesteuerung geringer ausfallen als zunächst geplant. Die Mehrheiten in der Kommission waren aber knapp.
MEHRWERTSTEUERN: Der Nationalrat beugt sich über den Mehrwertsteuersatz für den Tourismus. Nach Meinung des Ständerats soll die Hotellerie weiterhin weniger Mehrwertsteuern abliefern müssen als andere Betriebe. Der Sondersatz für Beherbergungsbetriebe von 3,8 statt 8,1 Prozent soll beibehalten werden. Die kleine Kammer nahm eine entsprechende Motion aus der SVP-Fraktion an, gegen den Willen des Bundesrates. Eingeführt wurde der Sondersatz seinerzeit als vorübergehende Massnahme zur Stützung der kriselnden Hotelbranche. Bisher wurde der Sondersatz sechsmal verlängert, zuletzt bis 2027. Die knappe Mehrheit der Nationalratskommission ist ebenfalls für eine Verlängerung der Sonderregel – obwohl dem Bund so bis zu 300 Millionen Franken an Steuereinnahmen im Jahr entgehen.