Nationalrat will Pflanzenschutzmittel aus der EU schneller zulassen
In EU-Ländern zugelassene Pestizide sollen automatisch in der Schweiz zugelassen werden. Die Kritik: So werde die Schweiz das Land mit den meisten Zulassungen..
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Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz soll sich bei Pestiziden auf EU-Zulassungen abstützen.
- Der Nationalrats-Entscheid verärgert SP-Badran: So werde die Schweiz zum Schlusslicht.
- Bauern-Präsident Markus Ritter mahnt: Die Landwirtschaft sei auf neue Mittel angewiesen.
Künftig sollen in der Schweiz Pflanzenschutzmittel schneller zur Verfügung stehen. Dazu soll genügen, dass sie in einem EU-Nachbarland, den Niederlanden oder Belgien bereits zugelassen sind. Der Nationalrat hat einem entsprechenden Gesetzesentwurf zugestimmt.
Die grosse Kammer nahm die Vorlage am Donnerstag mit 121 zu 73 Stimmen bei zwei Enthaltungen an. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.
Vom Pestizid-Champion zum Schlusslicht
Gegen die Vorlage wehrten sich Vertreterinnen und Vertreter von SP, Grünen und GLP. Im Nau.ch-Interview erinnert SP-Nationalrätin Jacqueline Badran daran, dass man vor vier Jahren festgestellt habe: «Wir haben eine Million Personen, deren Trinkwasser verseucht ist. Wir stellten fest, dass wir ein massives Pestizid-Problem haben, dass wir 30 Prozent unserer Wasserfassungen schliessen müssen.»

Die damals zur Abstimmung stehenden Trinkwasser- und Pestizidinitiative hätten Bauern und andere Gegner mit Versprechungen bekämpft: «Sie beteuerten: Wir sind die besten in Europa, wir machen schon viel.»
Bereits existierende Absenkpfade, Biodiversitätsflächen und so weiter seien ins Feld geführt worden. Nun aber werde man zum Schlusslicht.
Bauern-Chef: Landwirtschaft ist auf neue Pflanzenschutzmittel angewiesen
Befürworterinnen und Befürworter der SVP, FDP und Mitte argumentierten, dass sich die Schweizer Landwirtschaft in einer Krise befinde. Der Gesetzesentwurf stütze die Produktionskraft der Landwirtschaft.
Wirkstoffe, die in der EU verboten werden, würden auch in der Schweiz verboten, sagt Mitte-Nationalrat und Bauern-Präsident Markus Ritter zu Nau.ch. Nun solle auch das Zulassungsverfahren vereinfacht werden. «Das heisst, wenn in der EU ein Verfahren für einen Wirkstoff durchgeführt wurde, dies auch in der Schweiz gilt.»
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So spare man Kosten und Aufwand. Denn die Landwirtschaft müsse mit neuen, besseren Pflanzenschutzmitteln arbeiten können. «Im Moment haben wir eine Warteliste von 700 Pflanzenschutzmitteln, die in der Schweiz zugelassen werden sollten. Unsere Zulassungsbehörde kommt hinten und vorne nicht mehr nach.»
Die Schweiz, das «Land mit den meisten Zulassungen»?
Genau so werde man aber eben zum Schlusslicht Europas in Sachen Pestizide, warnt Jacqueline Badran: Wenn man alles zulasse, was in einem der EU-Länder zugelassen werde. Denn dann «werden wir das Land sein mit den meisten Zulassungen Europas, inklusive Notfallzulassungen.»
Bauern-Präsident Markus Ritter widerspricht: «Nein, diese Gefahr besteht nicht.» Die EU habe verschiedene Sektoren für die Zulassungen, mit verschiedenen Schädlingen und Krankheiten. «Weil es andere Schädlinge und andere Krankheiten gibt in Italien und Spanien als beispielsweise in Deutschland.»
In der Schweiz habe man alle diese Räume auch, erklärt Ritter: «Im Tessin sind wir südlich orientiert, in der Westschweiz eher Richtung Frankreich, in der Deutschschweiz eher Richtung Deutschland.» Deshalb müsse man auf die verschiedenen Zulassungen dieser Länder zurückgreifen können.
SPlerin Jacquelin Badran aber bleibt dabei: Das ergebe am meisten Pestizid-Zulassungen für die Schweiz. «Das ist einfach ‹Gift ist geil›-Kultur.»












