Durch missbräuchliche Konkurse entstehen in der Schweiz Laut Experten jedes Jahr Schäden von mehreren hundert Millionen Franken. Dies soll nun erschwert werden.
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Die Ständeräte haben gegen einen Teuerungsausgleich gestimmt, von dem sie selbst profitiert hätten. (Archivbild) - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Missbräuchliche Konkurse und Schädigungen von Gläubigern sollen weiter erschwert werden.
  • Der Ständerat hat einer entsprechenden Gesetzesvorlage am Montag zugestimmt.
  • Ein Konkurs soll Unternehmen keinen Vorwand mehr bieten, Schulden nicht zu zahlen.

Ein ganzes Paket von Massnahmen soll missbräuchliche Konkurse und Schädigungen von Gläubigern weiter erschweren. Der Ständerat hat am Montag als Erstrat der entsprechenden Gesetzesvorlage mit 41 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen zugestimmt. Nun ist der Nationalrat am Zug.

Millionen-Schäden wegen missbräuchlichen Konkursen

Mit dem Paket versuche man ein «sehr kostspieliges Phänomen in der Schweiz» besser in den Griff zu bekommen. Dies sagte Beat Rieder (Mitte/VS) namens der Kommission bei der Vorstellung des Geschäfts.

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Beat Rieder von der CVP / Die Mitte. - Keystone

Jährlich würden laut Expertenschätzungen Schäden von mehreren hundert Millionen Franken entstehen durch missbräuchliche Konkurse.

Ein Konkurs soll Unternehmen gemäss der bundesrätlichen Vorlage keinen Vorwand mehr bieten können, Löhne und Schulden nicht zu zahlen. Und andere Unternehmen auf unlautere Weise zu konkurrenzieren.

Nebeneffekte sollen vermieden werden

Die grosse Kunst sei es, so Justizministerin Karin Keller-Sutter, unerwünschte Nebeneffekte zu vermeiden. «Diese Massnahmen sollen das Unternehmertum nicht behindern. Man muss mit einer Geschäftsidee scheitern können.»

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Die Bundesrätin Karin Keller-Sutter. - Keystone

Das Herzstück der Vorlage bilden Massnahmen im Strafrecht. Den Riegel schieben will der Bundesrat den Missbräuchen namentlich mit einem Tätigkeitsverbot. Ein Gericht kann ein solches bei einem Konkurs- oder Betreibungsdelikt bereits heute anordnen. Und so jemandem eine Funktion in einem Unternehmen verbieten.

Brücke zum Handelsregisterrecht

Neu schlägt der Bundesrat eine Brücke zum Handelsregisterrecht. Das im Strafregister eingetragene Tätigkeitsverbot soll den Handelsregisterämtern mitgeteilt werden. Diese sollen die betreffenden Personen aus dem Handelsregister löschen. Im Ständerat war dieser Punkt am Montag in der Detailberatung unbestritten.

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Der Ständerat während einer Session. (Archivbild) - Keystone

Ergänzend sollen präventive Massnahmen im Obligationen- sowie im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht hinzukommen. Die Öffentlichkeit soll nach den im Handelsregister eingetragenen Personen suchen und die Funktionen der Gesuchten sehen können. Das stärke die Transparenz und erleichtere die Informationsbeschaffung, argumentiert der Bundesrat.

Opting-out soll abgeschafft werden

Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Verbot des Mantelhandels soll im Gesetz ebenfalls Niederschlag finden. Anteile von faktisch Pleite gegangenen Unternehmen sollen also nicht mehr verkauft werden dürfen. Der rückwirkende Austritt aus der Revisionspflicht, das sogenannte Opting-out, soll abgeschafft werden.

Der Verzicht auf eine beschränkte Revision soll nach Ansicht der Mehrheit des Ständerats höchstens für die zwei nachfolgenden Geschäftsjahre gelten. Es muss zudem vor Beginn des Geschäftsjahres unter Beilage der Jahresrechnung des zuletzt abgelaufenen Geschäftsjahres beim Handelsregisteramt angemeldet werden. Die kleine Kammer stimmte dem mit 22 zu 17 Stimmen zu.

Ständerat hiess Wahlfreiheit in Betreibung gut

Öffentlich-rechtliche Gläubiger wie Steueramt oder Suva sollen die Wahlfreiheit erhalten, eine Betreibung zwecks Pfändung oder zwecks Konkurs fortzusetzen. Der Ständerat hiess diesen Paradigmawechsel mit 39 zu 5 Stimmen gut. Das würde dazu führen, dass für überschuldete Firmen vermehrt Konkurse verhängt werden können.

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Der Ausserrhoder Ständerat Andrea Caroni (FDP) im Parlament. - Keystone

Andrea Caroni (FDP/AR) warb im Namen der Kommissionsmehrheit dafür, «eine historische Anomalie» zu beseitigen und alle Gläubiger gleichzustellen. Während Erich Ettlin (Mitte/OW) davor warnte, bei Liquiditätsproblemen sofort zuzuschlagen. «Ein grosser Teil der Unternehmen hat immer wieder einmal finanzielle Probleme. Der Staat sollte hier Geduld haben.»

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Der Obwaldner Ständerat Erich Ettlin (CVP). - Keystone

Konkurs- und Strafrecht bieten zwar bereits heute Möglichkeiten, Missbräuche bei Konkursen zu verfolgen. Selbst da, wo Missbrauch offensichtlich ist, wird das Recht heute aber häufig nicht durchgesetzt. Die faktischen und rechtlichen Hürden sind für die Gläubiger zu hoch. Die Vorlage des Bundesrats beseitigt oder senkt diese.

Die Massnahmen ergänzen auch die Vorschläge des Bundesrats bei der Aktienrechtsrevision und der Modernisierung des Handelsregisters.

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