Lärmpegel-Messung im Nationalrat: «Nutzlos» oder «disziplinierend»?
Im Kampf gegen den Gesprächslärm im Nationalratssaal werden nun die Lärmpegel gemessen. Ob das hilft, ist umstritten.
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Das Wichtigste in Kürze
- Im Nationalratssaal werden jetzt die Lärmpegel gemessen.
- SVPler Erich Hess hält das für wenig hilfreich, GLPler Martin Bäumle aber schon.
- Letzterer warnt: Der Lärm könne gar gesundheitsgefährdend sein.
Es ist zu laut im Nationalratsaal. So laut, dass das Präsidium zu drastischen Massnahmen greift: An vorläufig drei Punkten wird der Lärmpegel nun gemessen.
Angedacht ist, dass später auch eine «visuelle Darstellung» den Ratsmitgliedern anzeigt, dass sie es mit dem Gschnurr wieder übertrieben haben.
So hat es gestern Nationalratspräsidentin Maja Riniker zu Beginn der dreitägigen Sondersession verkündet. «Wir wissen eigentlich alle, dass es nicht wahnsinnig gesund ist mit der Lautstärke, die sich heraufkonzentriert», sagt GLP-Nationalrat Martin Bäumle. Aber hilft eine Messung der Lärmpegel dagegen auch wirklich?
Lärmpegel-Messung: Ausser Spesen nix gewesen?
Kein Mann der leisen Töne ist SVP-Nationalrat Erich Hess. Er bekennt sich schuldig, auch ab und zu einen Schwatz mit Kollegen im Saalinnern abzuhalten. Aber fürs Telefonieren gehe er dann schon auch raus.

Für die Lärmpegel-Messung hat der Berner kein Musikgehör: «Ich gehe davon aus, dass die Lärmmessungen – ausser, dass es Geld kostet – unter dem Strich nicht viel bringen.»
Er befürwortet den Status quo: dass die Nationalratspräsidentin halt ab und zu ermahnt, es solle wieder mehr Ruhe herrschen.
Unter anderen deshalb steht auf dem Präsidentenpult ein Glöggli, mit dem je nach Präsidentenperson mehr oder weniger eifrig geläutet wird.
Ob nun Mahnung per Glöggli oder «visuelle Darstellung»: Das sei wohl einerlei, sagen Eingefleischte – sprich, solche, die selbst schon den Rat präsidierten. Ausserdem wirke der Lärm vorne am Podium wohl störender als in der Ratsmitte.
Leuchtende Warnlampen
Das Risiko, dass man sich an die Lärmpegel-Warnlampe genauso gewöhne wie an das Gebimmel, sei zwar da, räumt Bäumle ein.
Er verweist aber auf seine einschlägige Erfahrung mit Warnlampen. Denn er brachte zu Coronazeiten sein Luftqualität-Messgerät mit in den Saal: «Es haben doch relativ viele darauf gewartet, dass aus Gelb wieder Grün wird.»
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Von daher befürwortet er die Lärmpegel-Messung: «Damit wir uns mal bewusst sind, was für einen Lärmpegel wir eigentlich verursachen hier drin.»
Wenn dann die Nationalratspräsidentin ermahne: «Jetzt reisst euch mal zusammen», könne dies durchaus disziplinierend wirken.
«Ich hatte bereits jetzt denn Eindruck, dass nach der Ankündigung der Messungen der eine oder andere sich zusammengerissen hat.»
Telefonieren während der Debatte
Im Saal selbst Meetings abzuhalten und zu telefonieren: «Das ist eigentlich jedem klar, dass das eigentlich nicht die Idee ist», sagt GLPler Bäumle.
Immer wieder sind auch Ratsmitglieder beim Video-Chat am Laptop zu beobachten. Wenn man denn Massnahmen treffen wollte, wäre ein Telefon-Verbot durchaus ins Auge zu fassen, findet darum SVPler Hess.

Vorschriften lehnt Martin Bäumle aus liberaler Sicht natürlich ab, für den Physiker und Excel-Fan sind Messdaten das A und O.
Es sei halt schwierig: «Ich ertappe mich auch selbst immer wieder, dass ich zu laut bin, mit dem Nachbarn rede.» Da brauche es halt mehr Disziplin, schnell rausgehen – und eine «visuelle Darstellung» der akustischen Missetaten.