Ist der Kampf der Linken gegen Superreiche endgültig gescheitert?
Erneut hat die Juso mit einer Initiative Schiffbruch erlitten, die besser situierte Schweizer zur Kasse gebeten hätte. Ist der Klassenkampf gescheitert?

Das Wichtigste in Kürze
- 78,3 Prozent der Schweizer Stimmberechtigten lehnten die Juso-Initiative am Sonntag ab.
- Superreiche Schweizer müssen also nicht 50 Prozent ihres Erbes versteuern.
- Ein Politologe erklärt, weshalb das Resultat nicht das Ende des Juso-Kampfs bedeutet.
Die Jungsozialisten haben in den letzten Jahren mehrfach versucht, die wirtschaftliche Ungleichheit im Land durch Volksinitiativen zu reduzieren.
Dazu zählen die 1:12-Initiative von 2013, die 99-Prozent-Initiative von 2021 und die aktuelle Initiative für eine soziale Klimapolitik. Diese sah eine 50-Prozent-Erbschaftssteuer auf Vermögen über 50 Millionen Franken vor.
Die 1:12-Initiative wollte die Lohnschere begrenzen. Sie forderte, dass der höchste Lohn in einem Unternehmen maximal zwölfmal so hoch sein darf wie der tiefste Lohn.
Drei Initiativen, drei deutliche Niederlagen
2013 lehnten rund 65 Prozent der Stimmberechtigten diese Vorlage ab. Acht Jahre später scheiterte die 99-Prozent-Initiative, die eine stärkere Besteuerung von Kapitaleinkommen vorsah, ebenfalls deutlich.
Mit der jüngsten Initiative zur sozialen Klimapolitik griff die Juso erneut das Thema Vermögensverteilung auf. Diesmal radikaler: 50 Prozent Erbschaftssteuer auf Erbschaften über 50 Millionen Franken.

Das Ergebnis vom jüngsten Abstimmungssonntag zeigt jedoch erneut die Grenzen solcher Forderungen: 78,3 Prozent der Schweizer Stimmberechtigten lehnten die Vorlage ab.
Die Klatsche war damit noch deutlicher als das Scheitern der nationalen Erbschaftssteuer 2015, die 71 Prozent Nein erhielt. Selbst innerhalb des linken Spektrums fanden sich nicht genügend Unterstützer.
«Die Initiative war viel zu radikal»
Die Bilanz ist verheerend: Initiativen der Juso, die darauf abzielen, reichere Mitbürger stärker zur Kasse zu bitten, stossen in der Schweiz auf breite Ablehnung.
Ist der Kampf der Linken gegen die Superreichen also endgültig gescheitert?
Nein, sagt Politologe Oliver Strijbis von der Franklin University Switzerland. «Die Initiative war viel zu radikal und kombinierte zu viel (Klima und soziale Gerechtigkeit), um auf Unterstützung zählen zu können.»
Deshalb hätten auch viele SP- oder Grünen-Wähler ein Nein in die Urne gelegt. Zudem: «Die Erbschaftssteuer wird auch in linken Milieus nicht von allen befürwortet», sagt Strijbis.
Das Juso-Lager begründete die deutliche Niederlage mit den finanziellen Mitteln. Während die Jungsozialisten nur ein begrenztes Budget zur Verfügung hatten, setzten die Gegner Millionen für die Nein-Kampagne ein.
Ungleiche Kampagnenbudgets müssten reguliert werden
«Das dürfte nur einen geringen Teil des Abstimmungsergebnisses erklären», glaubt Strijbis.
«Dass die Reichen mehr Einfluss darüber ausüben können, ob ihr Reichtum stärker besteuert werden sollte, als die Armen: Das ist aber natürlich schon stossend.»
Die grossen Unterschiede in den Kampagnenbudgets seien schlecht für die direkte Demokratie. «Sie müssten reguliert werden», so der Politologe.
Zu kompliziert, zu radikal: Die Erbschaftssteuer-Initiative der Juso hatte nie eine echte Chance. Nicht einmal bei der eigenen Basis.
Chance wäre bei anderen Anliegen vorhanden
Trotzdem glaubt Strijbis, dass die Juso mit anderen Anliegen gegen die Superreichen durchaus Erfolg haben könnte.
«Anliegen wie die Abschaffung der Pauschalbesteuerung für reiche Ausländer hätten bestimmt eine Chance», sagt der Politologe.
Dass die Jungsozialisten ihren Klassenkampf weiterführen wollen, haben sie am Sonntag bereits angekündigt. Der erneuten Niederlage zum Trotz.











