Ewigkeitschemikalie: Bundesrat irritiert mit Pestizid-Antwort
Eine Antwort des Bundesrats auf eine Interpellation zur Ewigkeitschemikalie TFA lässt aufhorchen. Er nennt andere Zahlen als das Bundesamt für Umwelt.

Das Wichtigste in Kürze
- Laut Bundesrat enthalten lediglich zwei Pestizid-Wirkstoffe die Ewigkeitschemikalie TFA.
- Das Bafu hingegen schreibt von 26 Pestizid-Wirkstoffen, die sich zu TFA abbauen könnten.
- Ein Umweltchemiker kritisiert die Angaben des Bundesrates als «irreführende Verkürzung».
Immer wieder wird in der Schweiz über Pestizide diskutiert. Grund dafür ist vor allem, dass giftige Substanzen über den Boden ins Trinkwasser gelangen können.
Grünen-Nationalrätin Delphine Klopfenstein Broggini wollte deshalb in einer Interpellation vom Bundesrat wissen: Wie schützt der Bundesrat das Schweizer Wasser vor Pestiziden, welche die Ewigkeitschemikalie Trifluoressigsäure TFA enthalten?
Diese Frage hat der Bundesrat laut «SRF» nun beantwortet. Und die Antwort lässt aufhorchen.
Bundesrat spricht von zwei, Bafu von 26 Wirkstoffen
Denn der Bundesrat schreibt darin: «Nur die beiden Wirkstoffe Tritosulfuron und Flufenacet werden nachweislich zu TFA abgebaut.» Beide seien seit Juli 2025 nicht mehr zugelassen.
Doch das Bundesamt für Umwelt BAFU scheint dem zu widersprechen. Es spricht nämlich von 26 Wirkstoffen in Pflanzenschutzmitteln, die sich zu TFA abbauen könnten. Wie bitte?
Umweltchemiker Martin Scheringer klärt gegenüber «SRF» auf: Die 26 vom BAFU genannten Wirkstoffe hätten TFA schon in ihrer Molekülstruktur drin. «Das Grundwissen der Chemie sagt, dass in vielen Fällen letztendlich TFA übrig bleiben dürfte.»
Deswegen sei es «eine Verkürzung, die letztendlich auch irreführend wirkt», wenn der Bundesrat lediglich von zwei Substanzen schreibe. Unzufrieden mit der Antwort ist auch Fragen-Stellerin Klopfenstein Broggini. Der Bundesrat verkenne das Ausmass der TFA-Gefahr.
Experte sieht Ansicht vom Bundesrat kritisch
Auch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit BLV erklärt, dass es «korrekt» sei, dass sich 26 zugelassene Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe potenziell zu TFA abbauen können. Aber: Ein möglicher Abbau zu TFA müsse rechtlich nur «dann berücksichtigt werden, wenn dieser experimentell nachgewiesen» worden sei.
Heisst: Auch die Antwort des Bundesrats auf die Interpellation sei richtig. Umweltchemiker Scheringer sieht diese Ansicht, die er «no Data, no Problem» nennt, kritisch. Wer sich auf das verlasse, was zweifelsfrei gemessen wurde, ignoriere das grössere Bild.
So oder so: Die 26 Wirkstoffe mit potenzieller TFA-Gefahr kommen aktuell in mehr als 220 verschiedenen Pflanzenschutzmitteln vor. Auch wenn man die beiden seit Juli aus dem Verkehr gezogenen Substanzen wegnimmt, sind es immer noch rund 190 Pestizide, die sich zu TFA abbauen könnten.