Die EU will 60-Tönner grenzüberschreitend zulassen: Für die SVP ein Grund, gegen das EU-Verhandlungsmandat zu kämpfen – Umweltschützer sind skeptisch.
Güterverkehr Alpen-Initiative Gigaliner Lastwagen
Die EU will ihre Gesetze ändern: Rollen 60 Tonnen schwere «Gigaliner» mit 25 Metern Länge bald auch durch die Schweiz? (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die EU will Lastwagen von bis zu 60 Tonnen Gewicht den grenzüberschreitenden Weg ebnen.
  • Das könnte die Schweiz unter enormen Druck bringen, die Monster-Lastwagen auch zuzulassen.
  • SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner spricht von einem «GAU» für die Verlagerungspolitik.
Ad

Lastwagen dürfen hierzulande maximal 40 Tonnen wiegen – im kombinierten Verkehr 44 Tonnen – und 18,75 Meter lang sein. Diese Regelung ist seit 2005 in Kraft: Mit dem Landverkehrsabkommen wurden die Normen an die europaweit im internationalen Verkehr gültigen Regeln angepasst. Fahrzeuge, die diese Vorschriften nicht einhalten, dürfen in der Schweiz nur mit einer Sonderbewilligung auf öffentlichen Strassen verkehren.

EU will 60-Tönner einführen

Am Dienstag hat das Europäische Parlament allerdings entschieden, sogenannten «Gigalinern» den grenzüberschreitenden Weg zu ebnen: Dabei handelt es sich um Fahrzeuge von bis zu 60 Tonnen Gewicht und 25 Metern Länge.

Gigaliner Lastwagen 60 Tonnen
Ein LKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 60 Tonnen und einem Ladevolumen von 150 m3 steht 2004 vor dem Haus der bayerischen Wirtschaft in München. Bisher sind generell nur LKW bis 40 Tonnen zugelassen. - keystone

EU-Mitgliedstaaten, welche dieselben in ihrem Hoheitsgebiet zulassen, sollen sie künftig auch bei grenzüberschreitenden Fahrten einsetzen dürfen. Die baldige Annahme der Gesetzesänderung durch den Europäischen Rat dürfte reine Formsache sein – danach wird sie zur Realität.

SVP-Giezendanner befürchtet Rechtsübernahme

Kritik an diesem Vorhaben kommt gleich von beiden Seiten des politischen Spektrums: Der Verein «Alpen-Initiative» betont in einer Medienmitteilung, dass der Druck auf die Schweiz ansteigen werde, künftig «Gigaliner» zuzulassen. Aus diesem Grund habe der Verein versucht, sich dezidiert in die europäische Debatte einzubringen – scheinbar ohne Erfolg.

Sollen 60 Tonnen schwere Lastwagen auch in der Schweiz eingesetzt werden können?

Für SVP-Nationalrat und Transportunternehmer Benjamin Giezendanner steht sogar fest, dass die Schweiz diese Regelung früher oder später übernehmen werden müsse: «Das ist eine alarmierende Entwicklung», erklärt der Aargauer. Natürlich habe die Schweiz im EU-Verhandlungsmandat klar postuliert, dass es in diesem Bereich nichts zu rütteln gebe.

Güterverkehr Alpen-Initiative Gigaliner Lastwagen
Die EU will sogenannten «Gigalinern» den grenzüberschreitenden Weg ebnen: Dabei handelt es sich um Fahrzeuge von bis zu 60 Tonnen Gewicht und 25 Metern Länge – links im Bild. (Symbolbild)
Güterverkehr Alpen-Initiative Gigaliner Lastwagen
Der Umweltschutzverein «Alpen-Initiative» betont in einer Medienmitteilung, dass der Druck auf die Schweiz ansteigen werde, künftig «Gigaliner» zuzulassen. (Symbolbild)
Güterverkehr Alpen-Initiative Gigaliner Lastwagen
Für SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner steht gar fest, dass die Schweiz diese Regelung früher oder später übernehmen werden müsse: Für die Verlagerungspolitik ein Todesstoss. (Symbolbild)
Güterverkehr Alpen-Initiative Gigaliner Lastwagen
«Als Fazit kann ich der ‹Alpen-Initiative› raten, gegen den EU-Unterwerfungsvertrag zu sein, da sich die Initiative damit im 30. Jubiläumsjahr selber überflüssig machen würde.» (Archivbild)
Güterverkehr Alpen-Initiative Gigaliner Lastwagen
«Alpen-Initiative»-Vereinspräsident Jon Pult erklärt, dass man auf jeden Fall genau hinschauen werde. Deshalb das Kind mit dem Bade auszuschütten, sei aber verantwortungslos. (Archivbild)
Güterverkehr Alpen-Initiative Gigaliner Lastwagen
Auch der Zentralpräsident des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands ASTAG, Thierry Burkart, erklärt: Der Verband lehne «Gigaliner» in der Schweiz kategorisch ab. (Archivbild)

Gleichwohl werde die Europäische Kommission auf das Binnenmarkt-Argument pochen: «Die Schweiz wird als verbindende Transversale zwischen Italien, Frankreich und Deutschland zwingend aufgerüstet werden müssen. Früher oder später wird gigantischer Druck auf die Schweiz zukommen – im Falle einer Weigerung müssten wir mit Gegenmassnahmen rechnen.»

Konkurrenzfähigkeit des Schienenverkehrs in Gefahr?

Aus technischer Sicht hingegen spreche nicht viel gegen die «Gigaliner», erklärt Transportunternehmer Giezendanner: «Die Achslasten sind grundsätzlich gleich und die geometrischen Anpassungen auf den Rastplätzen sind nicht gewaltig.» Für die Verlagerungspolitik im Schweizer Verkehr hingegen wäre es ein «GAU», so der SVP-Nationalrat.

Güterverkehr Alpen-Initiative Gigaliner Lastwagen
Die «Neue Eisenbahn-Alpentransversale» (NEAT) kostete rund 22,8 Milliarden Franken. «Gigaliner» könnten die Konkurrenzfähigkeit des Güterverkehrs auf der Schiene senken. (Symbolbild) - keystone

«Wir haben fast 23 Milliarden für den Bau der NEAT ausgegeben. Mit der Zulassung von ‹Gigalinern› wäre der kombinierte Verkehr wohl nicht mehr konkurrenzfähig.» Benjamin Giezendanner ist sicher: «Als Fazit kann ich der ‹Alpen-Initiative› nur raten, gegen den EU-Unterwerfungsvertrag zu sein, da sich die Initiative damit im 30. Jubiläumsjahr selber überflüssig machen würde.»

Das Kind mit dem Bade ausschütten?

«Alpen-Initiative»-Vereinspräsident Jon Pult erklärt seinerseits: «Die Ausnahmeregelung einer 40-Tonnen-Limite für die Schweiz ist im Landverkehrsabkommen und auch im Verhandlungsmandat klar festgeschrieben.» Dennoch betont der Bündner, dass man auf jeden Fall genau hinschauen werde. Deshalb das Kind mit dem Bade auszuschütten, sei aber verantwortungslos.

Auch der Zentralpräsident des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands ASTAG, FDP-Präsident Thierry Burkart, erklärt: Der Verband lehne «Gigaliner» in der Schweiz kategorisch ab. Die Monster-Lastwagen hätten weit mehr Nachteile als Vorteile.

Sollte die Schweiz «Gigaliner» zulassen?

An eine automatische Rechtsübernahme hingegen glaubt der ASTAG-Präsident nicht: «Eine automatische Übernahme ist ausgeschlossen – ‹Gigaliner› sind und bleiben in der Schweiz verboten.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Thierry BurkartNationalratParlamentJon PultSVPFDPEU