Es liegt am System: Selbst wenn es theoretisch möglich wäre, hat der beste Kandidat für den Bundesrat schlechte Karten. Ein Kommentar.
Ist er der beste, oder lediglich der durstigste Bundesratskandidat? Jon Pult eilt im Bundeshaus von Hearing zu Hearing am 5. Dezember 2023. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer ist der bessere (beste?) Bundesratskandidat: Jon Pult oder Beat Jans?
  • Das ist zuerst natürlich eine Frage der Kriterien.
  • Doch gibt es gute Gründe, die für einen Kandidaten sprechen. Ist er deshalb der Beste?
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Morgen werden wir also – mindestens – einen neuen Bundesrat haben. Zwei Kandidaten stehen zur Wahl, sorry: Drei Kandidaten natürlich, wobei komplizierterweise der dritte, der Grüne Gerhard Andrey, nicht gegen die ersten beiden antritt, die ersten beiden aber schon. Nein, nicht gegen sich selber, aber gegeneinander: Jans gegen Pult, alt gegen jung, West gegen Ost.

Insider-Tipp: So kommt es raus

Jetzt schon ist klar, wer am Schluss gewählt werden wird: Nicht die fürs Amt am besten geeignete Person. Was einerseits natürlich auch daran liegt, dass diese oberschlaue Person schon gar nicht erst kandidiert. Aber auch unter all den jemals Kandidierenden wird nach der Ausmarchung nicht die erste Wahl die Wahl gewinnen.

Wen soll die Bundesversammlung am 13. Dezember in den Bundesrat wählen?

«Ah ja», hör ich sie schon wieder rufen, «woher wollen Sie denn das wissen? Und wer wäre denn überhaupt am besten geeignet gewesen?» Tja, weiss ich doch nicht, ich Schlauberger. Aber das muss ich auch nicht.

Das Problem liegt, wie ein ehemaliger Verteidigungsminister sagen würde, in der «Übungsanlage» begründet. Hätte die Schweizer Demokratie eine Haftpflichtversicherung, würde diese die Schadensmeldung ablehnen, weil «systemimmanent». Lies: Es geht leider gar nicht anders.

Wer ist der Beste im ganzen Land?

Zunächst wäre, da haben Sie ja recht, einmal zu klären, was überhaupt einen guten, wenn nicht gar den besten Bundesrat ausmacht. Soll er (oder nächstes Mal dann wieder: sie) die schlausten Entscheidungen treffen, deren Genialität uns erst in den kommenden Jahrzehnten bewusst wird? Bis dann ist er längst abgewählt.

Bundesrat Hans-Peter Tschudi
Galt als guter Bundesrat, weil er die AHV erfunden hat: Hans-Peter Tschudi (SP/BS), im Amt von 1959 bis 1973, war nicht offizieller Kandidat seiner Partei. - keystone

Soll er einen guten Draht zum Volk haben, ein Zusammengehörigkeitsgefühl vermitteln, harte, aber nötige Entscheidungen kompetent kommunizieren können? Sagen Sie es mir in den kommenden Jahrzehnten, wenn allen bewusst wird, dass er ausser Wohlfühl-Oase nichts geleistet hat.

Soll er hübsch und Arena-tauglich oder weise und witzig sein? Gut organisiert und abgebrüht oder vielsprachig und einfühlsam? Natürlich muss ein Landesvater einfühlsam sein – aber das nützt uns dann auch nichts, wenn er vor lauter Mitleid sich in den Bundesratssitzungen nicht durchsetzen kann.

Bundesrat Willi Ritschard
Der gelernte Heizungsmonteur Willi Ritschard (SP/SO) galt als guter Bundesrat, weil er volksnah und humorvoll war. Er war von 1973 bis 1983 im Amt. - keystone

Dies alles könnte man miteinbeziehen. Mit der Erschwernis, dass nicht die Bevölkerung entscheidet, welche Person ihr am sympathischsten, vertrauenswürdigsten oder aufopferungsvollsten erscheint. Sondern das einfühlsame Parlament, das uns bestens kennt, in seiner unermesslichen Weisheit. Wenn es denn überhaupt solche Kriterien entsprechend gewichtet.

Das Parlament: Beschränkte Auswahl

Was wiederum auch nicht stimmt, und damit kommen wir zur zweiten grossen Hürde für beste Bundesräte. Denn bevor das Parlament Stimmzettel so kompetent ausfüllt, dass regelmässig ein halbes Dutzend für ungültig erklärt werden müssen, entscheidet ja auch noch die Partei. Die, natürlich, und wohl auch mit gewisser Berechtigung, jeweils proklamiert, sämtliche Kandidierenden seien Bundesratsmaterial.

Pult Jans Bundesrat SP
Die zwei Kandidaten der SP: Jon Pult, 3. von links, und Beat Jans, 3. von rechts, posieren mit Samuel Bendahan, Mattea Meyer, Samira Marti, und Cedric Wermuth, 25. November 2023. - keystone

Wen sie nominiert, hängt wiederum aber weniger von deren besseren Eignung als von strategischen Überlegungen ab. Überlegungen, die in ähnlicher, manchmal aber gegenteiliger Art auch das Parlament macht. So wird am Schluss gar nicht der gefälligere, sondern der schwächere oder streitbarere Kandidat auf den Thron gehievt.

Nordwestschweizer wählen eher Beat Jans – einfach, weil er Nordwestschweizer ist. Ist das falsch? Jein. Seine geografische Herkunft ist auch Teil seiner Eignung, nämlich dann, wenn sich ein Grossteil der Bevölkerung repräsentiert fühlt. Und deswegen keine Revolution anzettelt.

Was ist schon ein Jans?

Oder soll es lieber der zwar geografisch, aber sprachlich nicht so genau zuzuordnende Jon Pult sein? Man könnte vielerlei Unterscheidungsmerkmale heranziehen. Warum auch nicht: Wer ist musikalischer und sorgt für Harmonie im Bundesrat?

Sessions-Ende-Party mit der Bundeshaus-Band und einem gewissen Beat Jans am Schlagzeug, am 28. September 2023. - X/@JayBadran

Jon Pult kann angeblich hingebungsvoll singen, dafür hat Jans wohl mehr Taktgefühl. Er heisst ja auch «Beat», wäre quasi der vierte Beatle, jawohl «vierte», denn im Gegensatz zu Ringo Starr kann er Gitarre spielen. Und sogar Schlagzeug.

Dabei ist doch völlig klar, welches Kriterium im Zweifelsfall zur Anwendung kommen soll. Es soll derjenige gewählt werden, der am besten ins Bundesrats-Gremium passt. Wenn wir schon die holzende Baume-Schneider, das Fruchtgehölz Cassis und die wandelnde (oder stehende?) Kücheneinrichtung aus dem Wallis haben, passt ein Pult ja wie Topf auf Deckel.

Und Herr Jans? Zeigen Sie, wie funky sie kämpfen können. Beat, just beat it! No one wants to be defeated!

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